Kunstbank Berlin

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Die Ausstellung eröffnet am 5. Dezember 2002 um 19 Uhr. Am 4. Dezember 2002 um 19 Uhr halten Ursula Döbereiner und Barbara Steppe einen Vortrag im Rahmen des Programms "Senatsstipendiaten zu Gast im NBK" im Neuen Berliner Kunstverein, Chausseestrasse 128, Berlin-Mitte. Am Sonntag, 15. Dezember 2002, 19 Uhr, spricht Andreas Seltzer in der KunstBank anlässlich der Ausstellung zum Thema "Bewegen im Haus". *Achtung: Vom 24. Dezember 2002 bis 1. Januar 2003 bleibt die KunstBank geschlossen.

Barbara Steppe macht Porträts. Den Gedanken des Abbildes fasst sie jedoch nicht im Sinne einer physiognomischen Ähnlichkeit oder Wiedererkennbarkeit auf, sondern porträtiert Menschen anhand ihrer Tätigkeiten.

Dabei wendet sie die Methode des sozial-wissenschaftlichen Interviews an: Sie bittet Personen, über einen Zeitraum von sieben Tagen genau festzuhalten, wie sie die Zeit verbringen, was sie wie lange tun. Aus der Summe der Tätigkeiten ermittelt Steppe die für diese Menschen zentralen Tätigkeitskategorien, errechnet deren prozentualen Anteil aufgrund der zeitlichen Dauer der Aktivitäten und fertigt mittels der Informationen spezifische Diagramme an.

Die Künstlerin zeigt ein Abbild der Lebensgewohnheiten der Befragten als sozio-ästhetische Konstruktion und porträtiert Menschen aufgrund ihrer Aussagen zum Umgang mit Lebenszeit.

Die so ermittelten Tätigkeitsdiagramme übersetzt sie in Zeichnungen die an Grundrisse erinnern sowie in Architekturmodelle, Möbel, begehbare Wohnungsgrundrisse und Malerei.

Die Aufschlüsselung der Lebenstätigkeiten geschieht dabei in Bildfeldern, im Darlegen und Markieren einzelner Bereiche anhand von Zahlen, Buchstaben, Proportionen und Farben.

Steppes Porträts erkennen im Lebensakt und im Umgang mit dem Zeitbudget, in Handlungen und Taten, die eigentliche Persönlichkeitsmatrix. Abgebildet wird nicht länger, wie jemand aussieht, wie er oder sie gekleidet ist, sich hinstellt oder sitzt, sondern wie der porträtierte Mensch sein Leben verbringt, wie er es einteilt, worin seine Handlungen, Bedürfnisse, Vorlieben und Leidenschaften bestehen - und auch wie er dies in eigenen Worten beschreibt.

Ein aktueller Katalog liegt aus.

Ursula Döbereiners Arbeiten sind Konstrukte, die vom Bestimmten zum Unbestimmten führen. Für ihre jüngste Installation "ZUHAUSE" hat sie Einzelbilder aus ihrer gleichnamigen Computeranimation auf Wandflächen der KunstBank übertragen - als riesige Ausdrucke, die in Bahnen über Ecken, Vorsprünge und Türrahmen tapeziert sind. Die Ausschnitte von Wohnräumen oder Badezimmern, die sich mit unterschiedlichen Arrangements von Möbeln oder Alltagsgegenständen abwechseln, erscheinen in einer Folge von Totalen und Nahaufnahmen: Der Durchgang zur Toilette und Abstellkammer der KunstBank ist zugleich Passage durch ein Bild von der Größe einer Kinoleinwand. In Gesichtshöhe schneidet sie ein Loch durch eine Kachelwand und die Vorderseite eines Spiegelschrankes, während sich gleich daneben die Umrisse einer Couchgarnitur im rechten Winkel an einer Wandkante entlang ziehen.

Der Maßstab von Döbereiners Rauminstallation orientiert sich an der Darstellung der Animation auf dem Computermonitor, nämlich an einer Bildgröße, die sich aus 800 x 600 Pixeln errechnet. Und so tauchen bei der Annäherung an die riesigen Images von Beistelltischen, Handtuchhaltern, Bierdosen oder Regalen tatsächlich auch überdimensionale Pixel auf, die jene Linien und Treppen bilden, aus denen sich das Bild konstituiert - ein abstraktes Muster unterschiedlich großer Rechtecke, das an die Animationen früher Computerspiele wie "Pacman" erinnert. Das "ZUHAUSE" Döbereiners ist sowohl zeichnerisch nachempfundene als auch reale Einrichtung, die sich als Tapete in den Ausstellungsraum eingliedert. Wie bei einer Besichtigung streift der Blick über unbeachtete oder abgestellte Gegenstände, erfasst systematische und zufällige Ordnungen, und folgt den aufgepixelten Gesten Döbereiners. Schritt für Schritt erfährt man, was es in diesem Zuhause "so gibt" und "was man hier so macht". Und so wie man vielleicht im Halbschlaf vor einen Spiegel tritt, sein Bier auf dem Küchentisch stehen lässt, oder gerade aufgestanden ist, ohne die Stereoanlage auszuschalten, entsteht auch ein Bild im Kopf, ganz von selbst und ohne ersichtlichen Anlass. Zurück bleibt eine Spur, die so aussehen könnte wie Döbereiners "ZUHAUSE" - ganz einfach und überhaupt nichts Besonderes.

Oliver Koerner von Gustorf

Pressetext

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Ursula Döbereiner / Barbara Steppe