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Warum ist nicht alles schon verschwunden?
3. Dezember 2021 – 13. März 2022 / bis zum 03. April verlängert

„Warum ist nicht alles schon verschwunden?“ ist eine Ausstellung die „Das Bernsteinzimmer“, eine monumentale, begehbare Installation der Künstlerin Ingeborg Lüscher (Freiberg, 1936), als Ausgangspunkt hat. Zuletzt war die Arbeit 2016 im Schweizer Kunstmuseum Solothurn zu sehen. Dazu sind sechs weitere Künstlerinnen, Chantal Akerman (Brüssel, 1950 – Paris, 2015), Silvia Bächli (Baden, 1956), Alexandra Bircken (Köln, 1967), Zofia Kulik (Wroclaw, 1947), Laure Prouvost (Lille, 1978) und Joëlle Tuerlinckx (Brüssel, 1958), eingeladen worden, ihre Werke zu präsentieren. Durch das Zusammenspiel der Arbeiten entsteht eine assoziative Ausstellung, in der Themen wie Verschwinden, Übersetzungsversuche, Wiederholung, Zeitloops, Gewalt und Körperlichkeit eine wichtige Rolle spielen. Es gibt kein übergreifendes Thema, das alle Werke strukturiert, sondern es ist eine Ausstellung mit vielen Zugängen, Möglichkeiten, Spannungen und Energien. Die unterschiedlichen Arbeiten bauen einen semi- fiktionalen Raum auf, ohne dabei zu versuchen, eine zusammenhängende Geschichte zu erzählen.

Dieses Projekt ist eine Zusammenarbeit mit Situation Kunst (für Max Imdahl), wo seit dem 28. Oktober eine Retrospektive von Ingeborg Lüscher zu sehen ist. Kürzlich erhielt die Stiftung Situation Kunst einen wichtigen Teil des Nachlasses der Künstlerin, und auch „Das Bernsteinzimmer“ stammt aus dieser Schenkung. Es ist die erste Kooperation zwischen dem Kunstmuseum Bochum und Situation Kunst.

Das Bernsteinzimmer von Ingeborg Lüscher bezieht sich auf das historische Exemplar des Preußischen Königs Friedrich I (welches später dem russischen Zaren geschenkt wurde). Mit einer Installation aus beleuchteter Sole-Seife hat Lüscher sowohl einen subtilen Kommentar zum historischen Prunkraum als auch eine Arbeit geschaffen, die den Mythos von Raub und Zerstörung bricht und dem (seit dem Ende des 2. Weltkriegs) verschollenen „achten Weltwunder“ eine neue Gestalt gibt. Darüber hinaus wird in der Ausstellung ihre Arbeit „Dokumentation über Armand Schulthess“ gezeigt, die einen Einblick in das obsessive Universum dieses Einsiedlers gewährt.

Die anderen Künstlerinnen sind mit Werken aus unterschiedlichen Kontexten und Zeiten vertreten. Von Chantal Akerman werden zwei Frühwerke, nämlich „La chambre“, in der die Experimentalfilmerin selbst provozierend zu sehen ist, sowie ihr Film „Saute ma ville“, gezeigt, in dem sie singend die Rituale des Lebens in die Luft sprengt. Die zeichnerische Installation „Rotes Zimmer“ von Silvia Bächli stellt ein Liniengebilde dar, das in der Ausstellung einen Bereich einnimmt, in dem unsere eigene Verortung hinterfragt wird. Territoriale Fragen spielen auch in Alexandra Birckens Installation „Joy Ride“ eine Rolle, die den Gegensatz zwischen einer aufdringlichen und einer kämpferischen Kraft darstellt. Die Schwarz-Weiß-Fotomontagen von Zofia Kulik, die gleichzeitig ernst und humorvoll, düster und fesselnd sind, bestehen aus verschiedenen fotografischen Bildern, die von der Künstlerin zu komplexen Mustern und Formen angeordnet wurden. Joëlle Tuerlinckx versieht die Ausstellung mit visuellen Kommentaren, die Spuren vergangener Projekte sowie Hinweise auf zukünftige Ausstellungen enthalten. Die ausgewählten Filmsequenzen von Laure Prouvost basieren auf einer fehlerhaften Übersetzung einer Kafka-Novelle. Im Film verfolgen wir die Entwicklung von Gregor, dem gequälten Schriftsteller, der Papier mit Tintenfischtinte betupft; ein in der Entstehung befindlicher Roman, ein Geist, der sich entwirrt und die sich ausdehnende und in Schleifen drehende Zeit.

Während der Ausstellung werden im Casablanca Kino in Bochum vier Filmvorführungen mit Filmen von Chantal Akerman, Ingeborg Lüscher, Joëlle Tuerlinckx und Laure Prouvost organisiert.