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Der Titel und die Idee zu der Ausstellung "We're not here to give you pleasure" stammt von Charles Jeffery. Frankfurt am Main ist die erste Station von insgesamt drei Ausstellungen, die im Anschluss in Rennes in Frankreich und Cardiff in Wales stattfinden. Während die eingeladenen Künstlerinnen und Künstler jeweils in derselben Konstellation bleiben, ändern sich die ausgestellten Arbeiten entsprechend der unterschiedlichen Ausstellungsorte und Titel (Rennes: "We're not here to give"; Cardiff: "We're not here"). Die Auswahl der teilnehmenden Künstlerinnen und Künstler beruht nicht so sehr auf Charles Jefferys kennendem Blick - er ist vielmehr Künstler als Kurator - sondern vielmehr auf Vertrauen in die Arbeit der einzelnen TeilnehmerInnen und auf der Neugierde, Kunst unterschiedlicher Inhalte von Künstlerinnen und Künstlern verschiedener Nationalitäten zueinander in Beziehung zu setzen.

Christopher Brown (geb. 1971 in Cardiff, Wales) zeigt eine Installation, die visuelle und audielle Wahrnehmungsformen zueinander in Beziehung setzt. Ein dunkelblauer Satinvorhang hängt vor einer Wand und verdeckt zum Teil eine Tür. Er ist so von der Sonne ausgeblichen, dass er große hellbraune Flächen aufweist. Konfrontiert mit elektrisch erzeugten Geräuschen eines Gewittersturmes sind in dieser Arbeit natürliche Gewalt und künstliche Prozesse - der Vorhang weist Bilder auf, die gleich Fotografien durch helles Licht entstanden sind - auf wechselwirkende Weise miteinander konfrontiert.

Die Fotografie von Thomas Dale (geb. 1974 in Candle) trägt den Titel "Civilian Twilight" (Bürgerliche Dämmerung) und konfrontiert urbanen Raum und künstliches Licht. Im grauen Himmel eines Stadtraumes, der Siedlungen aus Backstein, die auf sozial arme Bewohner schließen lassen mit dahinterliegenden Wohnblocks aus grauem Beton mit Balkonen konfrontiert, erscheint ein Licht. Es ist jedoch kein natürliches Sonnenlicht, es ist die Spiegelung einer leuchtenden Glühbirne in einem Innenraum, dessen Fenster den beschriebenen Ausblick bietet, platziert im natürlichem Raum zwischen sozial differierenden Zeichen bürgerlicher Gesellschaftsschichten.

Sofia Hulten (geb. 1972 in Stockholm) zeigt Fotos vorgefundener Situationen in Berlin. Die gewählten Ausschnitte lenken den Blick auf Interventionen - Zeichen menschlicher Eingriffe in die Straßen, die Architektur und das Leben im urbanen Wohnraum. Sie fokussieren Straßenmalereien oder Grafittis und lenken den Blick damit auf beiläufige Bilder, die häufig vor dem Hintergrund eines technisierten und arbeitsgelenktem Alltag nicht oder nur ungern wahrgenommen werden.

Charles Jeffery (geb. 1975 in Oxford) fixiert den Schriftzug "make something" auf die Wand und ruft auf abstrakte Weise zum Prozess auf, zum machen schlechthin. Diesen programmatischen Aufruf konterkariert seine Aktion zur Ausstellung. Charles Jeffrey kocht in Frankfurt Würstchen aus Cardiff, wird in Rennes Frankfurter Würstchen und in Cardiff Würstchen aus Rennes kochen und sie den Besuchern zum Essen anbieten. Damit betont er auf kulinarische und metaphorische Weise einen Prozess national übergreifender Art.

Die gemeinsame Arbeit von Peter Lütje (geb. 1968 in Hamburg) und Haegue Yang (geb. 1971 in Seoul, Korea) besitzt ebenfalls Dienstleistungscharakter, wobei jedoch der Besucher die Arbeit kaufen kann. Die gesamte Arbeit ist vierteilig und besteht aus insgesamt vier Knoblauchknollen, die zwei Paare bilden. Das Paar Peter Lütjes ist gestempelt mit dem grünen Wort "Kupfer" und dem roten Wort "Eisen" - die Farbe der Wörter weist jeweils auf den Kern des anderen vor der Oxidation (Kupfer: erst rot, nach Oxidation grün; Eisen: erst grau, nach Oxidation rot). Ein weiteres Paar von Haegue Yang (geb. 1971 in Seoul) ist gestempelt mit den Zeichen für Yin und Yang - die asiatischen Symbole dafür, dass in allem Guten ein Böser und in allem Bösen ein guter Kern steckt. Gemeinsam stellen beide Paare eine Vermittlungsform ähnlicher Inhalte mit national differierenden Konnotationen dar.

Anthony Shapland (geb. 1973 in Worcester) projiziert einen in Echtzeit produzierten Videofilm mit dem Titel "Lamp". Auf der Außenwand der Ausstellungsräume, setzt sich deren Inhalt direkt in Beziehung zum Stadtraum Frankfurts. Der Film fokussiert eine Straßenlaterne vor blauem Himmel bei Tageslicht, die Laterne ist zunächst aus. Im Lauf der Zeit verdunkelt sich das natürliche Licht, nach und nach erhellt sich das elektrische Licht der Laterne. Der Film zeigt einen leisen und langsam sich vollziehenden Wechsel zwischen natürlicher und künstlich erzeugter Atmosphäre. "When the light is on, the night comes" (Wenn das Licht angeht, kommt die Nacht) - diese Redewendung umschreibt den Verweis eines artifiziellen Phänomens auf ein natürliches und damit eine Metapher der artifiziell geprägten Wahrnehmungsweise moderner Zeiten.

Benoit Travers (geb. 1974 in Rennes) weist auf die Differenz zwischen durch Medien vermittelter idealer Kultur und real existierender Welt. Die mit Plastikfolie beklebte Wand ist nicht glatt und weist bei genauerem Blick dreckige Stellen auf. Dementsprechend zeigt das Foto eines mit Sommersprossen übersäten Körperausschnittes, eher das Gegenbild des gängigen Schönheitsideals. Die Ansichtskarten der Bretagne vermitteln Bilder einer heilen Welt leerer Strände und traumhafter Sonnenuntergänge - jegliche Spuren und Zeichen negativer soziokultureller Erscheinungen werden negiert. Die Differenz zwischen Schein und Sein wird deutlich.

Das Video von Gary Ward (geb. 1975 in Monaghan) konfrontiert mit einer nicht alltäglichen Situation. In einer Straße eines Londoner Wohnviertels - Autos parken am Straßenrand, Passanten gehen vorbei, die Schilder eines Waschsalons und eines Imbisses umgeben einen Hauseingang - ist ein Fenster einer Wohnung geöffnet. Zwei Lautsprecher sind in Richtung der Straße gedreht, aus ihnen erfüllt laute Schlagermusik die urbane Alltagsatmosphäre, ab und zu blickt jemand verwundert und irritiert hinauf. Gary Ward vermittelt den Text der Lieder jedoch nicht nur per Ton, sondern auch per Bild - der genaue Wortlaut ist über Untertitel zu lesen. Der Inhalt der drei Lieder steht im Gegensatz zu der häuslichen Welt und des alltäglichen Lebens, die der Filmausschnitt zeigt. Auf poetische Art wird der Kuss des Schnees und die Wärme von Hügeln besungen, von Liebe, dem tragischen Verlust dieser, vom Vertrauen und vom Glauben aneinander handeln die Texte.

Die Arbeiten der Künstlerinnen und Künstler aus Deutschland, England, Frankreich und Korea sind eigens für die Ausstellung entstanden oder wurden speziell hierfür ausgewählt. Sie formulieren auf unterschiedliche Weise Fragen nach soziokulturellen Erscheinungen, nach der Differenz zwischen natürlichen und künstlichen Phänomenen, nach Identitätsbildern und nach dem Verlust menschlicher Werte und lenken den Blick auf hiermit einhergehende Prozesse unterschiedlicher Art.

Meike Behm Pressetext