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Amerika war einst das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Als eine kollektive Projektionsfläche für unerfüllte Sehnsüchte und Hoffnungen versprach der 'American Dream' all jenen die Möglichkeit alles zu schaffen, die das nur ausreichend wollten.

Wohl kein Land hat mehr Stereotypen hervorgebracht, wie die USA. Es nimmt demnach nicht wunder, dass sich viele KünstlerInnen in ihrer Arbeit immer wieder der Reflexion dieser Stereotypen, Klischees und Vorstellungsbilder annehmen. "We love Amerika" versammelt acht künstlerische Positionen, die einen ironisch gebrochenen und kritischen Blick auf das Land des "Pursuit of Happiness" bieten.

In der Fotoserie "Walking down the Trail" re-inszeniert Tilo Schulz Schlüssel-Szenen aus bekannten amerikanischen Westernfilmen und Gemälden mit sich selbst in der Hauptrolle. Er übernimmt typische Szenarien der filmischen Vorbilder und überträgt sie in eine urbane Umgebung. Dabei stellt er die tradierten Männlichkeitsrollen des Cowboys als Verkörperung amerikanischer Werte und Tugenden, zur Disposition.

Ein komisch-groteskes Bild des amerikanischen Helden führt Jens Kabisch als Evil Knievel in der Inszenierung seines alter ego, dem gefeierten Stuntman der 60er Jahre, Evel Knievel vor. Konsequent in den Nationalfarben, weiß, rot und blau gekleidet, verkörperte dieser typisch amerikanische Tugenden, wie Reinheit, Kraft und Wagemut. Diese strahlten selbst nach dem Misslingen von vielen seiner spektakulären Stunts ungebrochen weiter.

Auf einen Patriotismus skurriler Natur verweist Viktoria Binschtok in ihrer Fotoserie "Counting Stars on American Socks". Die Miniatur der amerikanischen Flagge auf den von ihr gesammelten Strümpfen scheint in ihrer Reduktion manchmal kaum mehr, als eine Karikatur. Dennoch bleibt sie als Flagge mit ihrem symbolischen Gehalt lesbar - ein Gleichnis für das nach außen brüchige und von innen doch immer heile Bild der Vereinigten Staaten von Amerika.

Der Anschlag auf das World Trade Center veranlasste Carsten Fock als Zeichen seiner Solidarität eine amerikanische Flagge aus dem Fenster zu hängen. Nach dem kurz darauf folgenden Luftangriff der USA auf Afghanistan übermalte er die weißen Sterne und Streifen mit schwarzer Farbe und ergänzte in Western-Schrift den Satz "You can win if you want". Aus der harmlos klingenden Message eines Pop-Songs wurde so eine Anklage der militärischen Omnipotenz der USA.

Die einzigartige Karriere der Levi's-Jeans symbolisiert für viele das Bild Amerikas mit seinem Ideal des 'American Dream'. Ihre 'Lebensdauer' bildete nicht nur einen Wert an sich, sondern avancierte in den Used-Jeans zum kostspieligen Modetrend. Dessen absurde Ausformungen thematisiert Pratchaya Phinthong in seiner Arbeit. In Thailand produzierte Levi's werden von ortsansässigen Arbeitern leihweise getragen, nach einer Weile gebraucht wieder zurückgeben und finden so im gefragten "Used-Look" Eingang in den ökonomischen Kreislauf der westlichen Welt. Teil dieses Spiels mit dem echten Fake werden auch der Galerist und seine Assistentin, die für den Zeitraum der Ausstellung thailändische Levi's tragen werden, um sie mit ihrer spezifischen Geschichte nach vier Wochen zurückzuschicken.

Anny & Sibel Öztürks Graffiti "I am so bored with the USA, but what can I can I do???" wie auch das Poster mit der Aufschrift "Madonna drinks Coke, so you can too. Taste's real good, not like a sweet poison should" zitieren Songzeilen der Punkbands "The Clash" und "Manic Street Preachers". Das kritische Potenzial der Texte entfaltet erst in der Opulenz der bunten, sich dem Auge langsam entschlüsselnden 'Tags' seine eigentliche subversive Kraft.

Der Amerikaner Matthew Brannon stellt mit seinem Beitrag eine nicht minder kritische Sicht 'von Innen' vor. Sein Poster zeigt das Konterfei George W. Bushs. Die gestrichelten, an die Perforierung von Bastelbögen erinnernden Umrisslinien, die Löcher, sowie die in schwarzen Tropfen herabrinnende Farbe entstellen das Porträt jedoch als flache, gemein grinsende Papp-Maske ohne Inhalt.

In der skulpturalen Präsentation des für die Rezeption der amerikanischen Kunst in den 80er Jahre führenden deutschen Magazins "Wolkenkratzer" von Stef Burghard überlagern sich kunstimmanente und politische Bedeutungsebenen. Die reduzierten Magazin-Regale bilden eine Referenz an die amerikanische Hochhausarchitektur wie auch an die Minimal Art als einer genuin amerikanischen Kunstströmung. Die auf den Titelblättern abgebildeten Künstler Warhol und Beuys öffnen ein weiteres Referenzfeld, das mit Warhol den Kontext prototypisch amerikanischer Kunst ihrem deutschen 'Antipoden' gegenüberstellt.

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WE LOVE AMERIKA

mit Viktoria Binschtok, Matthew Brannon, Stef Burghard (BURGHARD ), Carsten Fock, Evil Knievel, Anny & Sibel Öztürk, Pratchaya Phinthong, Tilo Schulz