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Eröffnung: 21. November 2008, 20 Uhr

Im Zeitalter von Weltraumtouristik und Teilchenbeschleuniger mutet der Titel WELTALLERDEMENSCH für eine Ausstellung zeitgenössischer Kunst nicht unbedingt schwerelos und vielleicht sogar anachronistisch an. Noch dazu, wenn man weiß, dass es sich eigentlich um den Titel eines Buches handelt, das einst 14Jährigen anlässlich ihrer Jugendweihe von offizieller, DDR-staatlicher Seite aus überreicht wurde. So fiel es den rituell Beschenkten nicht nur schwer, ab sofort "erwachsen" zu sein. Allein der Schritt von der Gegend hinter dem eisernen Vorhang hinaus in die Welt war einfach zu vermessen, wenngleich sich manche Sterne mit etwas Phantasie auch von dort aus erobern ließen. Demgegenüber verlief jedoch die real-sozialistische Weltraummission der Ostdeutschen 1978 ganz nach Plan. Während sich der westdeutsche (gleichwohl in Greiz geborene) Ulf Merbold 1977 auf eine Stellenanzeige bei der ESA (Europäische Raumfahrtagentur) beworben hatte und dann auch tatsächlich, aber eben erst 1983, ins All startete, erhielten Sigmund Jähn und der ewige Zweite Eberhard Köllner als hochrangige Genossen Piloten der Nationalen Volksarmee schlicht Befehl. Während Köllner daher recht gelassen in der kasachischen Steppe sitzen blieb, hob Jähn am 26. August 1978 als erster Deutscher in der sowjetischen Sojus-Rakete ab und wurde - ob nun gewollt, oder nicht - schlagartig zum Helden des sozialistischen Vaterlandes. Doch wie wir spätestens seit dem Revival von Frank Schöbel wissen, hatte die DDR auch richtige "Stars", nämlich Sterne am Schlagerhimmel, deren Glanz noch lange nicht verloschen ist. Lag der Schwerpunkt des bis 1975 überreichten Buchpräsentes jedenfalls auf populärwissenschaftlichen Beiträgen, weist sich Thüringen auch heute nicht nur gern als "grünes Herz Deutschlands", sondern zudem als "Bundesland der Wissenschaften" aus.

Interessant erscheint nun aber, im Rahmen der Ausstellung WELTALLERDEMENSCH die künstlerische Aneignung bzw. den eben speziellen Umgang mit dem komplexen Thema jenseits von Astrofotografie und Satellitenbildern dezidiert VON DER ERDE AUS zu beobachten. So geht es weniger um die perfekte Simulation einer orbitalen Sternenfahrt als Resultat von Pseudoforschung oder Technikfaszination. Denn diese Reise ist ja heutzutage - und demnächst "noch günstiger" mit Virgin Galactic - grundsätzlich jedem solventen Touristen möglich. Auch Raumfahrtästhetik, Design und Mode entsprechender Flugobjekte wie Kleidung werden nicht fokussiert. Vielmehr ist es das ambivalente Verhältnis des Menschen zu und in jenem "offenen Raum", in dem sowohl (Berufs-) Felder oder Disziplinen wie Naturwissenschaft und Technik, Natur und Kultur, Religion, aber natürlich auch Astrologie, Science Fiction, das Übersinnliche und Mystische assoziiert, bedient und miteinander verbunden werden können. Die Bedeutung und Nichtigkeit des Erdenbürgers als Allbewohner steht im Mittelpunkt der Schau. Oder wie es Moby singt: We are all made of stars. Und so schaffen wir uns unser Universum dann auch selbst, mit hausgemachten Mitteln. Die eingeladenen Künstler/innen nutzen dann aber doch unterschiedliche Formate und Techniken, wobei Fotografie und Video bezeichnender Weise als am (vermeintlich) objektivsten und real-authentischsten überwiegen. Sie bedienen sich zudem diverser Strategien, um "ihren Kosmos" zu erschaffen oder aber den "wirklichen" inklusive MENSCHERDEWELTALL zu kommentieren. (SO)

Maria Thereza Alves (BR), Henrike Daum (DE), Renaud Auguste-Dormeuil (FR), Beate Engl (DE), Katrin Gassmann (DE), Anna Gierster (DE), Florian Gwinner (DE), G-Lab (LT), William Kentridge (ZA), William Lamson (US), Lucien Pelen (FR), radioqualia (AU), Markus Wüste (DE)

Für ihre freundliche Unterstützung danken wir den Künstler/innen sowie den Leihgebern SMPK Berlin, Hamburger Bahnhof; Information Centre of Lithuanian National Gallery of Art; PIEROGI Leipzig; Galerie IN SITU, Paris und besonders herzlich den Förderern Kulturstiftung des Freistaates Thüringen, Thüringer Kultusministerium, sowie der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen.

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WELTALL ERDE MENSCH
im Zeitalter von Teilchenbeschleuniger und Weltraumtourismus
ein Projekt in Zusammenarbeit mit dem Erfurter Kunstverein e.V. und dem ACC Weimar kuratiert von Tely Büchner und Silke Opitz

Künstler: Maria Thereza Alves, Henrike Daum, Renaud Auguste-Dormeuil, Beate Engl, Katrin Gassmann, Anna Gierster, Florian Gwinner, G-Lab , William Kentridge, William Lamson, Lucien Pelen, radioqualia , Markus Wüste