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Die Ausstellung zeigt zehn künstlerische Positionen, die aus unterschiedlichen Motiven kurz- und längerfristig im Ausland unterwegs waren. Sie haben aufgrund der Reisen Arbeiten entwickelt, die vom Unterwegssein handeln, die das Fremde thematisieren oder die den Blick auf das nahe liegende erneut schärfen. Hierbei spielt mitunter eine Rolle, dass einige der KünstlerInnen im Ausland geboren und aufgewachsen sind und andere das Fremde erst im Reisen von hier aus kennen gelernt haben. Die Methoden der künstlerischen Auseinandersetzung sind breit gefächert:

Gudrun Petersdorff und Karin Wieckhorst bereisen seit der Öffnung der Mauer jährlich viele Länder der Erde. Gudrun Petersdorff bringt bei ihren Reisen Impressionen in Skizzenbüchern und Zeichnungen auf das Papier, die später unter anderem Vorlage für ihre Malereien bilden. Mitunter zeigen die Skizzen, gleich, wo sie entstanden sind, Menschen, Landschaften und Objekte, die ebenso gut in Leipzig sein könnten. Karin Wieckhorst wählt in ihren fotografischen Projekten jeweils einen spezifischen Aspekt. Beispielsweise stellt sie sich, inspiriert durch einen Text von Uwe Johnson, in „yellowish“ die Aufgabe, in New York City ausschließlich Gelbes zu fokussieren. Oder sie begibt sich auf eine vierwöchige Tunesienreise und dokumentiert jeden Tag auf einem Blatt mit Text, Bild und gefundenen Objekten. Beide KünstlerInnen haben über viele Jahre hinweg ganz persönliche Reisetagebücher erstellt, die sie in der Ausstellung zum ersten Mal in dieser Form zeigen.

Katharina Immekus bereiste, gefördert durch ein Stipendium, Brasilien. Hier zeichnet sie das, was sie unmittelbar vor Ort umgibt, um anschließend ihre Zeichnungen in einem Heft zu bündeln. Ebenso wie die Zeichnungen Petersdorffs finden sich hier Skizzen, die nicht unbedingt zwingend den spezifischen Ort kenntlich machen. Dieses Wechselspiel von Nähe und Ferne, von Spezifischem und Unspezifischem, findet man auch in weiteren Arbeiten der Ausstellung. Diese drei Positionen nähern sich dem Fremden sammelnd und über die Beobachtung von Details an. Sie stellen sich mitunter Aufgaben, suchen eine Form, kommen nach Hause und arbeiten mit dem Archiv oft lange weiter.

Ähnlich verfährt Arthur Zalewski. Er erarbeitet für die Ausstellung eine neue Zusammenstellung seiner über Jahre aufgenommenen Bilder, die bei Stipendien und Reisen ins Ausland entstanden sind. Mitunter handelt es sich um Aufnahmen, die seinen familiären polnischen Wurzeln nachgehen. Zalewski nimmt mit seiner Auswahl Bezug zum Thema der Ausstellung, beschreibt jedoch gleichzeitig die Sichtbetonwände der GfZK mit fotografischen Statements, die als eine Reise in der Auseinandersetzung mit der Kunst selbst gelesen werden kann. Der vietnamesische Künstler Thanh Long befasst sich fotografisch mit der Wohnsituation von nach Deutschland eingereisten AusländerInnen. Um das Fremde und Eigene geht es auch bei Rozbeh Asmani. Asmani fährt in einem Taxi durch Leipzig und Teheran und lässt hierbei die FahrerInnen zu Wort kommen. Die Fahrt und das Gespräch mit den TaxifahrerInnen ist oft der erste Einstieg in eine neue Umgebung. Wir erfahren etwas über die Realität beider Städte und Personen. Wer Taxi fährt, hat mitunter oft einen Weg bzw. eine Reise hinter sich – ob als Gast oder als Fahrende/r.

Um das Sich-Auf-den-Weg-Machen und um eine Lebensreise, zumindest um einen Abschnitt einer solchen, geht es auch bei Alba D’Urbano. Sie nimmt die Ausstellungseinladung zum Anlass, sich reisend in die Vergangenheit zu begeben, um ihrem Weg von Italien nach Deutschland nachzugehen. Vor mehr als zwei Jahrzehnten kam D’Urbano als Studentin nach Berlin und musste als Reinigungskraft ihren Lebensunterhalt sichern. Von hier aus bildete sich der Lebensweg der italienischen Künstlerin in einer ihr fremden Kultur neu. Um eine Form der Ökonomie geht es auch in der Arbeit von Frank Berger. Berger beobachtete über einen längeren Zeitraum hinweg einen schwarz gekleideten Pantomimen auf einer der Haupttouristenstraßen Barcelonas. Während um den Beobachteten herum sich die Szenen ständig neu mischen, verharrt der Gezeigte in einer dem Umraum entgegen wirkenden Starre. Während bei Asmani und D’Urbano das Biografische Anlass zur Reise ist, reist Berger gezielt an ausgewählte Orte, die für ihr Treiben berühmt sind, um dort Menschen in den Fokus zu nehmen, die sich vom Treiben ernähren, indem sie unterhalten, das Treiben sortieren oder als lebendes Werbeschild arbeiten.

Auf ähnliche Weise erweitern Margret Hoppe und Katia Klose den Blick auf das Unterwegssein durch Projektvorhaben an einem spezifischen Ort. Gefördert durch ein Stipendium besuchte Katia Klose für drei Monate ein IndianerInnenreservat in Kanada. Sie lebte dort und portraitierte Menschen sowie deren Lebensraum in Bild und Wort. Sie ging explizit auf die Suche nach neuen Bildern einer Kultur, deren Verarmung häufig im Vordergrund steht. Die Portraitierten erhalten Zeit und Raum, um ihren Lebensalltag zu zeigen bzw. ihn uns vorzustellen. In einem weiteren Projekt befasst sich Klose mit einem traurigen Kapitel in der Geschichte der Aborigines in Australien. Margret Hoppe bereiste in Bulgarien Reste von Denkmalsanlagen, die in der Zeit der Volksrepublik entstanden waren, und dokumentiert deren heutigen Zustand. Sie zeigt ehemals stark frequentierte Bauten und verlassene Orte, die ihre frühere Aufgabe verloren haben und den Sprung in eine neue Zeit nicht überleben konnten. So bleiben von einer Reise häufig Dinge und Eindrücke übrig, an denen sich Geschichten aufreihen.

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Wenn jemand eine Reise tut
Kuratoren: Julia Schäfer, Heidi Stecker

Künstler: Frank Berger, Alba D´Urbano, Thanh Long, Margret Hoppe, Katharina Immekus, Katia Klose, Karin Wieckhorst, Arthur Zalewski, Gudrun Petersdorff, Rozbeh Asmani