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Eröffnung: Donnerstag, 28. 2. 2008, 19 Uhr

Die Widersprüchlichkeiten, welche sich an den dogmatisch-theoretischen Forderungen und später diesen Ansprüchen weniger streng folgenden Werken der klassischen Moderne in der Architektur festmachen lassen, sind der Stoff für die künstlerische Arbeit Werner Feiersingers. Den Antrieb bietet die Mystifikation der Moderne als Verkörperung von Funktionalität und Rationalität, welche sich den schriftlichen Äußerungen herausragender Vertreter-Innen dieser Epoche einerseits, sowie einer beinahe ebenso rigid dogmatischen und dadurch „unkritischen“ Rezeption andererseits verdanken. Der Bildhauer und Fotograf Werner Feiersinger will diese nicht ungeschaut hinnehmen. Im Gegenteil, ihn motivieren gerade die Brüche und Widersprüche, die Objekte ambivalenter Natur und Fotografien von hinlänglich Bekanntem produzieren, deren Blickwinkel allerdings überraschend unkonventionell Anderes oder Unerwartetes zum Vorschein zu bringen vermag.

So präzise Feiersinger an der Ausführung arbeitet, so umfangreich sind auch die Vorbereitungen, Recherchen und die Auseinandersetzung mit einem architektonischen oder gestalterischen Kanon. Meist entspricht jener der Moderne, die Spanne reicht von Architekten wie Le Corbusier, der u.a. den Kanon definierte, über Erich Mendelsohn, der in seiner Expressivität die orthodoxen Regeln unterlief, bis hin zu KünstlerInnen, die dem Minimalismus ihren Stempel aufdrückten: Donald Judd, dem es um die Beherrschung des Materials ging, vielmehr jedoch der Bildhauer Tony Smith, der mit anthropo-morphen Bezügen so wie Anne Truitt, die mit assoziativen Verweisen in ihren Arbeiten streng genommen schon wieder gegen den Kanon verstießen.

Gerade den Hauptraum der Secession – ebenfalls eine Ikone moderner Architektur, vielmehr des „idealen“ Ausstellungsraums als White Cube – mit einer Ausstellung zu bespielen, ist die entsprechende Herausforderung für Werner Feiersinger. Er gestaltet hierfür eine neue Arbeit: die filigrane, 17 Meter lange und 2,80 Meter hohe, geschwungene Stahlstruktur, ein Zitat der Villa Savoye von Le Corbusier wird in diesem Kontext zum architektonischen Maßstab und somit zum raumstrukturierenden Element. Der 1:1 Nachbau, ein Detail der Eingangssituation, orientiert sich präzise an den Plänen Le Corbusiers, wodurch er von dessen Realisierung jedoch abweicht. Um diese Arbeit lagern sich weitere neue Skulpturen Feiersingers an. Seine Objekte sind eingebettet in ein komplexes Geflecht architektur- und kunsthistorischer sowie persönlicher Bezüge. Leitern, Schaufeln, Gerüste oder Spielinventar versuchen eine augenscheinliche Gebrauchsorientierung vorzugeben, formale Assoziationen an Werkzeug oder Produktionsmittel werden hervorgerufen und spielerische Bezüge hergestellt. Erst auf den zweiten Blick erweisen sich diese Objekte als durchwegs disfunktional. Die Gegenstände sind von einem vermeintlich konkreten Sinnzusammenhang emanzipiert und gehen ihre eigenen Wege. Dieses Spannungsfeld der Ambivalenz, das auch in der Behandlung der Oberflächen fortgeführt wird, charakterisiert die Arbeiten Werner Feiersingers.

Ähnlich verhält es sich mit den Fotografien, die zum Einen in den Kanon der Architekturgeschichte aufgenommene Gebäude zeigen, allerdings aus einem unorthodoxen, subjektiven Blickwinkel heraus. Zum Anderen werden neben diese „Standards“ völlig gleichwertig Strukturen und Situationen von Architektur in Gebrauch abgebildet. Die Fotografien hinterfragen und unterminieren damit nicht nur eine visuelle Konvention, sondern sind bildhafte Zeugnisse einer ästhe-tischen Qualität, die für Feiersinger im vermeintlich Mangelhaften oder Unpassenden liegt. Das paradoxe Dogma des Undogmatischen zieht sich ganz zurückgenommen, dennoch spürbar wie ein roter Faden durch die Ausstellung.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog (dt./engl.) mit einem Text von Barbara Steiner.

WERNER FEIERSINGER, geb. 1966 in Brixlegg, Tirol, lebt und arbeitet in Wien. EINZELAUSSTELLUNGEN (Auswahl): 2006 Skulpturen, Schloss Damtschach, Wernberg; 2005 Galerie Martin Janda, Wien; Österreichisches Kulturforum, Bratislava; 2004 Freespace, Z33, Hasselt, Belgien; 2001 Galerie Martin Janda, Wien. GRUPPENAUSSTELLUNGEN (Auswahl): 2007 Hard Rock Walzer - Contemporary Austrian Sculpture, Villa Manin Centro d’Arte Contemporanea, Codroipo, Italien; Adriana Czernin, Werner Feiersinger, Kunstforum Montafon, Schruns; Who remembers where they are from?, Galerie Martin Janda, Wien; Grund, Künstlerhaus Bregenz; Reduzierte Aussagen, Kunsthaus Mürz, Mürzzuschlag; On Peter Watkins, Galerie Martin Janda, Wien; 2006 Blasser Schimmer, Kunstraum Niederösterreich, Wien; 2005 Kollaborationen, Tiroler Kunstpavillon, Innsbruck; Socha A Objekt X., Bratislava; Blickwechsel n°2., MMKK Kärnten, Klagenfurt; In den Wäldern, Kunsthaus Mürz, Mürzzuschlag; Bilder hauen – Skulpuren bauen, ZOOM Kindermuseum, Wien; Galerie Maerz, Linz; 2004 Tour – Retour, Saint Etienne – Innsbruck, Tiroler Kunstpavillon, Innsbruck; 2003 L´art dans la ville. 9 artistes autrichiens, Saint Etienne, Frankreich; 1996 De Appel Foundation, Amsterdam, Niederlande.

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