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Die Arbeiten des steirischen Künstlers Werner Reiterer sind von Dialog und Kommunikation gekennzeichnet. Der Betrachter "darf sich angesprochen fühlen", denn ihn fordert der Künstler auf, über Sinn und Unsinnigkeiten unserer Lebenswelt zu reflektieren. "Ich glaube, dass Kunst per se eigentlich immer daran arbeitet, neue Reglements zu entwickeln, wie man die Welt sehen kann", sagt Reiterer und sieht sich dabei in der glücklichen Position desjenigen, der die Welt auf den Kopf und neue Regeln aufzustellen vermag.

Neben skulpturalen Arbeiten sind vor allem Zeichnungen die Ventile der Gedankenspiele Reiterers. Der konstante Formalismus, den der Künstler durch das Verwenden von exakt 17 Bleistiften unterschiedlicher Stärke für 17 unterschiedliche Grauflächen verwendet, und das gleich bleibende Format (70 x 50 cm) erinnert an Entwürfe in einem Skizzenblock. Viele Arbeiten aus der Serie "Gezeichnete Ausstellungen", die der Künstler laufend erweitert und ergänzt, wurden in Form von Installationen und Skulpturen realisiert.

So vertraut diese Skulpturen auf den ersten Blick erscheinen, so sehr irritieren sie bei genauerer Betrachtung. Die Arbeiten erscheinen wie Störfaktoren in einer alltäglichen Welt. Oft sind es nur Details, die verwirren und zu dem sprechen, der sie bemerkt. Es ist eine Strategie des Paradoxen, durch die uns Reiterer die Selbstverständlichkeit nimmt, mit der wir Realität begreifen. Dabei macht es dem Künstler sichtlich Spaß, die Rezipienten seiner Kunst auf den Prüfstand zu stellen und Erwartungshaltungen gegenüber Kunstwerken an sich zu unterlaufen. Ein lapidarer Zettel etwa, der im Ausstellungsraum an der Wand hängt, fordert dazu auf, so laut zu brüllen, wie man nur kann. Wer es schafft, seine kulturelle Prägung, die es ihm verbietet, im öffentlichen Raum laut zu werden, zu überwinden und einen gewissen Lautstärkepegel erreicht, wird durch eine Reaktion von Außen belohnt: Das Ausstellungslicht in Space02 beginnt – visuell wie auch akustisch – zu atmen (Breath [Kunsthaus Graz], 2007).

Reiterers Prinzip, Gegenstände und Materie menschlich agieren zu lassen, steht in einer absurden Tradition. Zwar gesteht der Künstler, dass er Alltagsgegenstände "nach verschiedensten Regeln vergewaltige, misshandle, schände und forme", doch tatsächlich ist er vielmehr ihr Befreier aus der Gefangenschaft determinierter Kontexte als ihr Peiniger. Mit einer bewussten Plattitüde, doch ohne Zweifel hintergründig, schleicht sich "das Lapidare [wie ein Virus] in unerwartete Zusammenhänge ein". Lapidar ist auch Reiterers Umgang mit seiner eigenen Person, die in etlichen skulpturalen Abgüssen zum Werkzeug für die Darstellung des Unzumutbaren wird.

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Werner Reiterer. Auge lutscht Welt
Kurator: Peter Pakesch, Katia Schurl