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"Ich habe im Grunde als Zeichner begonnen, und ich werde wohl als Zeichner auch aufhören. Was dazwischenliegt - die Masse der Bilder, das Hauptwerk - wird erst später eingeschätzt werden können. Da hängt auch im Augenblick zu viel Mensch, Person dran. Mensch, Person, das muss erst weg, verschwinden hier oben samt der leidigen Politik - dann erst kann das Werk richtig Wirkung machen, wird man es auch klarer sehen: nackt."

Es ist genau so gekommen, wie es der Leipziger Maler und Zeichner Werner Tübke 1991 prophezeit hatte: In seinen letzten Lebensmonaten hat er nur noch gezeichnet und im kleinen Format in einem Akt der Selbsterinnerung sein Lebenswerk rekapituliert. "Zeichnen ist elementares Bedürfnis, alles andere kommt dann", hatte Tübke schon 1979 bekannt. Jetzt, nachdem der Künstler am 27. Mai 2004 mitten in den Vorbereitungen zu dieser Ausstellung gestorben ist, ist es Zeit, diesen zentralen und elementaren, diesen dichtesten und wohl auch vollkommensten Bereich seines Werks vorzustellen. Die Ausstellung ist die erste umfassende Museumsretrospektive auf das Werk Tübkes, die in der alten Bundesrepublik stattfindet. Jetzt bietet sich endlich die Gelegenheit, die Klischees und oft einseitigen Vorstellungen, die sich mit dem Schöpfer des monumentalen Bauernkriegspanoramas in Thüringen verbinden, zu revidieren und ein ebenso umfassendes wie differenziertes Bild zu gewinnen.

Ausgesucht wurden für die Ausstellung rund 80 Zeichnungen und Aquarelle - lauter bildmäßige "Meisterblätter", die so gewählt sind, das sie Einblick geben in die kontroversen Ausdrucksbereiche und in alle Schichtungen und Verstrebungen dieses weitverzweigten Lebenswerks, das noch kaum überschaubar, geschweige in seiner Bedeutung erkannt ist. Die Auswahl reicht von einem hintergründigen Selbstbildnis aus dem Jahr 1957 bis zu einer detaillierten Studie für die Bühnenbilder der Bonner "Freischütz"-Inszenierung von 1991 und einem dämonischen "Todesengel" für das Clausthaler Altarwerk von 1993. Die Parade deckt Tübkes Lebensthemen zwischen Landschaften, Strandbildern, dramatisch aufgeladenen Historienbildern, sensitiven Porträts und den "Capricci" mit ihrer magischen Phantastik ab. Drei Werkkomplexe werden systematischer illustriert: das große zeitgeschichtliche Werk der sechziger Jahre, die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus ("Lebenserinnerungen des Dr. jur. Schulze"), dann die Imaginationsübungen rund um das Bauernkriegspanorama, schließlich das Leitthema des späteren und späten Werks: die Harlekinaden, die Mysterienspiele, die "Verfallsgesellschaften" und Endspiele. Glanzpunkte der Ausstellung sind die juwelenhaft leuchtenden Aquarelle - exzeptionelle Werke, bei denen sich Tübke für kostbare Augenblicke von der Reflexions- und Erinnerungslast freimacht und sich geradezu pantheistisch in die Naturphänomene versenkt.

Als besondere Zugabe, nur in der Wuppertaler Präsentation, sind 3 Gemälde aus Privatbesitz zu sehen ("Bildnis eines Seiltänzers", "Kreuzabnahme" und "Auferstehung") die die Übertragung von Zeichnung in das Medium der Malerei nachvollziehbar werden lassen.

Die Ausstellung wurde zuvor in den Schleswig-Holsteinischen Landesmuseen/Schloss Gottorf und im Stadtgeschichtlichen Museum Leipzig gezeigt.

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Werner Tübke - Meisterblätter