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9. September bis 18. Dezember 2022

Women Make Film – Perspektiven von 13 Regisseurinnen

Frauen machen Filme. Eigentlich selbstverständlich – aber auch wieder nicht. Zwar stehen Frauen seit Beginn der Filmgeschichte hinter der Kamera. Dass Frauen in der 125-jährigen Geschichte des Films der Zugang zum Filmemachen aber erschwert oder verunmöglicht wurde, dass sie nicht die gleichen Chancen wie Männer hatten, ihre trotz aller Widerstände entstandenen Filme nur selten in den Kanon aufgenommen wurden, dass sie übersehen, marginalisiert, vergessen und ihre Nachlässe vernachlässigt wurden, sie oft aus der Filmgeschichte herausgeschrieben wurden, das steht außer Frage. In einer sich über vier Monate erstreckenden Reihe wollen wir einige Regisseurinnen aus verschiedensten Ländern und Epochen präsentieren, deren Filme zu wenig wahrgenommen wurden und werden und ihnen Sichtbarkeit verschaffen.

Eine wenig bekannte Tatsache der Filmgeschichte ist, dass in den ersten zwei Jahrzehnten des Kinos mehr Frauen in der Filmbranche tätig waren als in jeder anderen Epoche seither. Die neue und noch nicht anerkannte Kunst- und Ausdrucksform bot Männern wie Frauen eine Chance, zu experimentieren und auszuprobieren.

Als sich das Kino als ernstzunehmende Karrieremöglichkeit und Wirtschaftszweig etabliert hatte, wurden Frauen vor allem aus dem Regieberuf, aber auch als Drehbuchautorinnen und Produzentinnen zurückgedrängt. Ihr ursprünglicher Beitrag zur Filmgeschichte wurde ignoriert und schließlich vergessen. Die wenigen Regisseurinnen, die sich gerade in der Blütezeit der Studiosysteme behaupten konnten, bestätigten als absolute Ausnahmeerscheinungen die Regel. Filmemachen wurde zunehmend zu einer Sache von Männern. Das änderte sich nur langsam. Umso notwendiger ist eine ständig erfolgende Neubewertung und -schreibung der Filmgeschichte.

Ideengeberin für die Filmreihe ist die 14-stündige Kompilation WOMEN MAKE FILM (GB 2018) des Filmkritikers und Regisseurs Mark Cousins. Sie besteht aus Filmausschnitten mehrerer hundert Filme von insgesamt 183 Regisseurinnen, „eine Betrachtung von verschiedenen Aspekten des Filmemachens, bei der alle Lehrenden Frauen sind“. 13 dieser Filmemacherinnen wurden für die Reihe im Arsenal ausgewählt. Von allen sollen einige Filme gezeigt werden, die von Einführungen, Texten und Diskussionen kontextualisiert werden. Das daraus entstandene Wissen wird auf unserer Homepage dauerhaft zur Verfügung stehen und einen ersten Zugang ermöglichen.

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Programm im Oktober

So 2.10., Einführung: Monika Talarcyzk & Di 25.10., 20h
OSTATNI ETAP Die letzte Etappe Wanda Jakubowska Polen 1947 OmE 104‘
DIE LETZTE ETAPPE erzählt vom Schicksal einer Gruppe von weiblichen Gefangenen, die sich dem Widerstand im Lager anschließt. Als die Hauptfigur Marta nach einem missglückten Fluchtversuch vor den Augen ihrer Mithäftlinge gehenkt werden soll, schneidet sie sich die Pulsadern auf, während im Himmel schon die alliierten Flugzeuge kreisen. „Nie wieder Auschwitz“ sind ihre letzten Worte. Das Drehbuch des Films schrieb Jakubowska zusammen mit der deutschen Kommunistin Gerda Schneider, die ebenfalls in Auschwitz inhaftiert war. Zusammen kehrten sie 1947 an den Ort des Verbrechens zurück und filmten inmitten der übriggebliebenen Baracken, Arbeitslager und Fabriken und unter Mitwirkung vieler weiblicher Überlebender. „Dem Wunsch, den Film zu drehen, verdanke ich wahrscheinlich, dass ich überhaupt noch lebe. Er behütete mich davor, Auschwitz nur subjektiv zu erleben, und erlaubte mir später, alles, was mich damals umgab, als eine besondere Art von Dokumentation zu behandeln. Ich sammelte das Material, indem ich mit Frauen von verschiedenen Lagerkommandos sprach. Ich war verpflichtet, die Realität so exakt wie möglich darzustellen, obwohl ich von Anfang an wusste, dass sich die Wahrheit über Auschwitz gar nicht verfilmen lässt.“ (Wanda Jakubowska) Zu seiner Zeit wurde der Film weltweit mit viel Interesse aufgenommen. Später geriet er in Vergessenheit und wurde erst ab den 90er Jahren wieder öfter aufgeführt. 2019 wurde er digital restauriert.

Mo 3.10., 20h
SPOTKANIA W MROKU Begegnung im Zwielicht Wanda Jakubowska Polen 1960 OmU 102‘
Die gefeierte polnische Pianistin Magdalena ist in Westdeutschland auf Konzerttour, die für sie zu einer Reise in die Vergangenheit wird. Als 18-Jährige wurde sie nach Deutschland in ein Zwangslager verschleppt und verliebte sich dort in Steinlieb, den jungen Besitzer einer Schuhfabrik. Ihn sucht sie nun wieder auf, ebenso wie den Antifaschisten Wenk, der ihr damals half und sich nun gegen die Aufrüstung der Bundesrepublik engagiert. Als sie realisiert, dass Steinlieb sich an der Diffamierung und Verfolgung Wenks beteiligt, ist sie zutiefst enttäuscht – von ihm persönlich wie über die politische Entwicklung der Bundesrepublik.

Do 6.10., 20h
KONIEC NASZEGO ŚWIATA The End of Our World Wanda Jakubowska Polen/DDR 1964 OmU 138‘
Basierend auf dem gleichnamigen, autobiografischen Roman von Tadeusz Hołuj, kehrt Jakubowska nach DIE LETZE ETAPPE ein zweites Mal filmisch nach Auschwitz zurück. Der Überlebende Henryk nimmt zwei amerikanische Touristen mit dem Auto nach Auschwitz mit. Sie wollen sich das dortige Museum anschauen. Henryk zeigt ihnen zunächst widerstrebend den Ort, wobei eigene Erinnerungen hochkommen. Er wurde inhaftiert, weil er in Warschau einer Frau zu Hilfe gekommen war, die von einem deutschen Polizisten misshandelt wurde. In Auschwitz wird er zum „Muselmann“, der schon dem Tod geweiht ist. Mit Unterstützung einiger Mitgefangener kann er überleben und schließt sich dem Widerstand an. Während die junge Amerikanerin sich als Tochter von Juden erweist, die im Holocaust ermordet wurden, ist ihr Begleiter erschreckend oberflächlich und steht für die Ignoranz einer neuen Zeit.

So 9.10., 20h
ZAPROSZENIE Die Einladung Wanda Jakubowska Polen 1985 OmU 92‘
Auch in ihrem vorletzten Film kontrastiert Jakubowska die Gegenwart mit der Erinnerung an den Krieg. Die Hauptfigur Anna ist Überlebende eines Konzentrationslagers und angesehene Kinderärztin. Ihr früherer Verlobter Piotr – ihre geplante Heirat wurde durch den Krieg verhindert und später vermählte sich Anna mit einem anderen Mann in der Annahme, Piotr sei gestorben –, der mittlerweile als Wissenschaftler in den USA lebt, kommt zu Besuch nach Polen. Anna besucht mit ihm die Orte, die sie nicht vergessen kann: Auschwitz, Sachsenhausen, Ravensbrück. Annas von den Erfahrungen des Krieges geformten Überzeugungen und Werte heben sich stark ab von denen ihrer Tochter Natalia, die dem Materialismus anhängt und Piotrs Einladung in die USA gerne annimmt.

Sa 8.10. & 29.10., 19.30h
NE BOLIT GOLOWA U DJADLA
Der Specht zerbricht sich nicht den Kopf Dinara Asanova UdSSR 1975 OmU 77‘
Asanovas Debütfilm schildert einen Sommer im Leben des 14-jährigen musikbegeisterten Sewa. Seine Leidenschaft ist das Schlagzeugspielen, was seine Umgebung immer wieder zu verhindern versucht: Mal wird sein Schlagzeug von seinem älteren Bruder, der ein berühmter Basketballspieler ist, aus dem Fenster geworfen, mal zieht er den Unmut der Nachbarn, des Vaters oder der Großmutter auf sich. Alles an Sewa ist Überschwang: der unbedingte Drang, Musik zu machen ebenso wie seine frisch aufgekommene Liebe zur gleichaltrigen Ira, der er sich unbeholfen annähert und die er zu beeindrucken versucht, indem er im Treppenhaus einen Kopfstand macht. Asanovas Kunst besteht darin, mittels einer ganz und gar alltäglichen Geschichte mit großer Sensibilität die Unbekümmertheit und Verletzlichkeit der Jugend darzustellen.

Sa 8.10. & 29.10., 21h
PATSANY Halbwüchsige/Kids Dinara Asanova UdSSR 1983 OmU 95‘
In der ersten Szene werden Jugendliche nach ihren Träumen und ihren Vorstellungen von Gut und Böse gefragt. Das setzt den Tonfall für den Film um einen jungen, idealistischen Erzieher, der ein Sommercamp für straffällig gewordene Jugendliche leitet, und sich durch ein aufrichtiges Interesse an seinen Protagonistinnen auszeichnet. Asanova lebte einen Sommer mit den Laiendarstellerinnen zusammen, um eine vertrauensvolle Atmosphäre herzustellen, in der die Jugendlichen sich selbst darstellen können.

Sa 15.10. & Mi 26.10., 21h
EL CAMINO The Path Ana Mariscal Spanien 1963 OmE 91‘
Ein Porträt des ländlichen Spaniens und des jungen Daniel, der die letzten Tage der Kindheit und Unschuld erlebt, bevor er auf Wunsch des Vaters die weiterführende Schule in der Stadt besuchen soll. Seine Zeit verbringt Daniel mit seinen beiden besten Freunden, mit Streichen, dem Beobachten der Erwachsenenwelt, den ersten zarten und noch ganz scheuen Gefühlen für ein Mädchen. Der alles dominierende Katholizismus mit seinen rigiden Moralvorstellungen lässt indes vor allem den Frauen wenig Gestaltungsräume außerhalb von Klatsch und Häme. EL CAMINO war Ana Mariscals persönlichster Film, in dem sie voller Zärtlichkeit auf die Menschen blickt, die einschränkenden sozialen Strukturen und die Heuchelei der Kirche aber mit klarem Blick seziert. Von der Kritik wurde der Film ignoriert, seine Premiere hatte er in dem Dorf, in dem er gefilmt wurde. Heute gilt er als eines der vergessenen Meisterwerke des spanischen Kinos seiner Zeit, wurde 2021 digital restauriert und wieder aufgeführt.

Mo 17.10., 20h, Einführung: Petra Palmer
SEGUNDO LÓPEZ, AVENTURERO URBANO Segundo López, Urban Adventurer Ana Mariscal Spanien 1953 OmE 80‘
Nachdem er seine Mutter verloren und durch den Verkauf ihres kleinen Geschäfts ein wenig Geld erworben hat, zieht Segundo López aus einer alkoholseligen Laune heraus von seinem Dorf nach Madrid, um dort sein Glück zu versuchen. In einer Kneipe trifft er auf den jugendlichen Herumtreiber Chirri. Zusammen suchen sie Unterschlupf in einem Madrid, in dem die Spuren des Krieges noch sichtbar sind und in dem vielerorts Elend herrscht. Der Neorealismus von SEGUNDO LÓPEZ brachte einen neuen Stil in das spanische Kino. Gedreht mit Laiendarsteller*innen, erzählt er mit schelmenhaften Charakteren und komödiantischen Untertönen von einem Madrid der Armen und Benachteiligten. Die spanische Zensurbehörde bedachte den Film mit der schlechtesten Klassifizierung, womit die Kinoauswertung praktisch verunmöglicht wurde. Ana Mariscal organisierte auf eigene Faust Vorführungen und tourte durch die Städte und Dörfer Spaniens, um den Film persönlich zu präsentieren.

So 23.10., 19h
WOMEN MAKE FILM. A NEW ROAD MOVIE THROUGH CINEMA. TEIL 2 Mark Cousins GB 2018 OmU 178’ In Teil 2 zeigt Mark Cousins, wie Figuren im Film auf Reisen gehen, wie Ökonomie in der filmischen Bildsprache funktioniert; er beschäftigt sich mit der Beziehung zwischen Erwachsenen und Kindern, behandelt den Schnitt und die subjektive Kameraeinstellung und endet beim Surrealismus und den Träumen.

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Zu den Regisseurinnen:

Wanda Jakubowska:
Mit dem Namen der polnischen Regisseurin Wanda Jakubowska (1907–1998) ist vor allem ein Film verbunden: OSTATNI ETAP (Die letzte Etappe) war 1947 der erste Spielfilm überhaupt, der den Holocaust darzustellen versuchte, und basierte auf Jakubowskas eigenen Erfahrungen als Inhaftierte in Auschwitz-Birkenau und Ravensbrück. Weit weniger bekannt ist sie für ihr gesamtes filmisches Schaffen, das eine Spanne von 50 Jahren und an die 20 Filme umfasst. Ihre Bedeutung für den polnischen Film ist unumstritten: 1930 war sie Gründungsmitglied der Avantgarde-Filmgruppe START, die experimentelle Kurz- und Dokumentarfilme produzierte. Ihr erster Spielfilm entstand 1939, konnte durch den Kriegsbeginn aber nie aufgeführt werden und gilt als verschollen. Nach dem Krieg konnte Jakubowska in der Filmbranche schnell wieder Fuß fassen, von 1949 bis 1974 lehrte sie außerdem an der Filmhochschule von Łódź.
Die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und ihre Erfahrungen im Krieg, in dem sie im Widerstand war, prägten ihre politische Haltung; die Erinnerung daran durchzog ihr filmisches Werk. Dem Stil des sozialen Realismus blieb sie bis zu ihrem letzten Film 1988 treu. Zeitlebens setzte sie sich für die Belange der Kommunistischen Partei Polens ein. Das machte sie zu einer umstrittenen Figur in der polnischen Kulturszene und mag ein Grund dafür sein, dass ihre Filme mit Ausnahme von DIE LETZTE ETAPPE so unbekannt geblieben sind. Neben den vier Filmen zwischen 1947 und 1985, die sich direkt mit Konzentrations- und Arbeitslagern und der Erinnerung daran auseinandersetzen, drehte sie unter anderem auch zwei Kinderfilme und mit Soldier of Victory einen monumentalen Film über einen sozialistischen Musterhelden

Dinara Asanova:
Die gebürtige Kirgisin Dinara Asanova (1942–1985) studierte nach verschiedenen Tätigkeiten im Kirgisfilmstudio an der Moskauer Filmhochschule WGIK Regie und war ab 1974 in den Lenfilmstudios in Leningrad tätig. In ihren neun Spielfilmen, die sie bis zu ihrem frühen Tod mit nur 42 Jahren drehte, stehen meist junge Menschen im Zentrum. Es sind persönliche Porträts, oft verbunden mit einer scharfen Kritik an den sozialen Problemen in der Sowjetunion. Musik – Rock und Jazz – spielt eine wichtige Rolle in ihren Filmen; sie ist Ausdrucksmöglichkeit ihrer Protagonistinnen und zeugt von Asanovas Interesse am kulturellen Underground. Musik gibt auch den Rhythmus ihrer Filme vor, die sich frei und neugierig dem Seelenleben von Jugendlichen nähern, sich Abschweifungen und Improvisation erlauben und vorrangig an Stimmung und Atmosphäre interessiert sind. Gerne arbeitete sie mit Laiendarstellerinnen, nutzte deren Spontanität und Direktheit für ihre oft dokumentarisch anmutenden Filme. Obwohl ihre Filme in der UdSSR von Kritik und Publikum anerkannt wurden, bewegte sie sich eher an der Peripherie der Filmszene – aufgrund ihrer zentralasiatischen Herkunft, ihres Eigensinns, dem Fokus auf marginalisierte Menschen. Im Westen blieb sie weitgehend unbekannt.

Ana Mariscal:
Die Spanierin Ana Mariscal (1921–1995) ist bis heute vor allem als Schauspielerin bekannt. Durch ihren Bruder, den Schauspieler und Regisseur Luis Arroyo, kam sie sehr jung zum Film und war ab den 40er Jahren ein gefeierter Star. Um selbst Filme inszenieren zu können, gründete sie mit ihrem späteren Mann, dem Kameramann Valentín Javier, die Produktionsfirma Bosco Films und nahm zahlreiche Bereiche des Filmemachens selbst in die Hand. Parallel zu ihren eigenen Filmen war sie immer auch als Schauspielerin für Film und Theater beschäftigt und außerdem als Drehbuchautorin und Schriftstellerin tätig. Von 1953 bis 1968 drehte sie zehn lange Filme, die aber insgesamt wenig beachtet und geringgeschätzt wurden. Ihre Filme finanzierte sie selbst und mit Hilfe ihres privaten Umfeldes.

Das Programm Women Make Film wird bis zum 18. Dezember mit folgenden Regisseurinnen fortgesetzt: Gilda de Abreu, Astrid Henning-Jensen, Marva Nabili, Sumitra Peries, Maria Plyta, Olga Preobrazhenskaya, Yuliya Solntseva und Vera Stroyeva.

Tang Shu Shuen
Die 1941 geborene Tang Shu Shuen (auch als Cecile Tang bekannt) war eine der ersten Regisseurinnen Hongkongs und nimmt in der dortigen Filmlandschaft eine singuläre Stellung ein. Nach dem Filmstudium in Kalifornien drehte sie zwischen 1970 und 1979 vier Filme, von denen besonders die ersten zwei einen großen Einfluss auf die sich damals neu formierende Filmkultur Hongkongs hatten. In die sich in einer Krise befindenden Filmszene brachte sie neue Impulse, wobei sie ihren ersten, in Hongkong und Taiwan gedrehten Film unabhängig produzierte und in den USA fertigstellte. Mit dem Debütfilm THE ARCH (1970) war sie eine Vorläuferin der Neuen Welle des Hongkong-Kinos und brachte als eine der ersten sozial engagierte und realistisch inszenierte Themen auf die Leinwand. China Behind (1974), von dem momentan leider keine Kopie zur Verfügung steht, erzählt in quasi-dokumentarischem Stil von einer Gruppe von Student*innen, die vor befürchteten Repressalien der chinesischen Kulturrevolution die Flucht nach Hongkong planen. Von der Zensur Hongkongs wurde der Film verboten und konnte erst in den 80er Jahren aufgeführt werden. Ihre vier Filme, die alle in einer eigenen, innovativen Filmsprache gehalten sind, wurden zwar von der Kritik gelobt, erzielten aber keinen kommerziellen Erfolg. Nach der Komödie The Hong Kong Tycoon (1979) gab sie das Filmemachen ganz auf und zog in die USA, wo sie bis heute lebt.

Binka Zhelyazkova
Binka Zhelyazkova (1923–2011) war die erste Spielfilmregisseurin Bulgariens. Mit den sieben Spiel- und zwei Dokumentarfilmen, die sie zwischen 1957 und 1988 drehte, war sie wiederholt Zensur und Verboten ausgesetzt und musste sich Freiräume für ihr filmisches Werk stets neu erarbeiten. Als kühne Filmemacherin, die ihre humanistischen Werte kompromisslos verteidigte, schuf sie so poetische wie metaphorische Bilder. Nach dem Krieg, in dem sie als Jugendliche Mitglied einer Partisanengruppe war, studierte sie am Theaterinstitut in Sofia und ergriff die Chance, sich in der neu entstehenden bulgarischen Filmindustrie einen Namen zu machen. Mit ihrem Mann Hristo Ganev, der in Moskau studiert hatte und als Drehbuchautor und Regisseur arbeitete, verband sie eine enge Zusammenarbeit.
Erst vor Kurzem wude Binka Zhelyazkovas Werk erschlossen: Das Thessaloniki International Film Festival widmete ihr 2021 eine komplette Retrospektive, sodass ihre Filme nun digitalisiert vorliegen. Ein erstes Interesse an ihr wurde zudem durch den 2006 entstandenen Porträtfilm BINKA – TO TELL A STORY ABOUT SILENCE (Elka Nikolova) geweckt, den wir im September auf arsenal 3 zeigen.

Text: Annette Lingg