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Eröffnung: Freitag, 26. Mai, 19.30 Uhr

Die Sprache ist das Medium zwischenmenschlicher Kontaktaufnahme, Verständigung und Beziehung. In ihr äußern sich Gedanken, Gefühle und das, was uns durch die Sinne unmittelbar gegeben ist. Aber entspricht die Sprache überhaupt dem, was wir oder andere uns sagen wollen? Welche Rolle spielt Sprache in einer internetbasierten Welt, in der das Gesagte knapp, klar und eindeutig sein muss, in der das Gesicht ein immer wichtigeres Medium menschlicher Kommunikation wird und in der individuelle Stimmungen kulturübergreifend sich über global vereinheitlichte Emoticons mitteilen?

Die Sprache spürbar an ihre sinnliche Ausdruckskraft zurückzubinden und darüber die Leerstelle der Beziehung des Selbst zum Anderen zu verstehen, sind Anliegen der US-amerikanischen Künstlerin Wu Tsang. Dazu überführt sie die Sprache der anderen in die Bewegung des eigenen Körpers - eine Methode der Übertragung, die Missverständnisse und Fehlinterpretationen produktiv zulässt.

Wu Tsang (*1982) ist eine der profiliertesten Performerinnen, Künstlerinnen und Filmemacherinnen ihrer Generation. Für ihre erste institutionelle Einzelausstellung in Deutschland hat Wu Tsang in der Kunsthalle Münster eine Rauminszenierung aus bestehenden und neuen Werkkomplexen entwickelt - skulpturale und filmische Arbeiten, die sich aufeinander beziehen und dennoch ganz unterschiedlich mit den Ausstellungsbesuchern interagieren, wodurch sie immer wieder anders wahrgenommen werden können.

Ungeachtet der allgemeinen Skepsis gegenüber Sentimentalität erzählt Wu Tsang Geschichten, in denen sich Historie, Mythos, Gegenwart und Visionen einer nahen Zukunft zu magischen Bildern verweben, deren emotionale Wahrheit gleichermaßen an unsere Erfahrung und Phantasie appelliert. So gehen einen die häufig in Kooperation entstandenen, verschiedene Standpunkte einbeziehenden Arbeiten unmittelbar sinnlich an und treffen uns empfindlich – schon deshalb, weil sie stets biographisch durchwoben sind und vielgestaltig die prekäre Frage der eigenen Identität umfließen.

Im Wechselspiel aus Sehen und Gesehen-Werden, aus Beobachten und sich selbst beobachten, als Subjekt oder als Objekt der Beobachtung anderer, erscheint Identität hier unscharf im Zerrspiegel sich eigentlich ausschließender Perspektiven. Allein die Unschärfe resultiert aus der Gleichzeitigkeit des Vielen und im Zulassen des Unvereinbaren. Darin kann eine ganz eigene unvorhersehbare Schönheit liegen, die eben nur dann und dort zum Vorschein kommt, wenn Innen und Außen einen Kuss riskieren.

Zahlreiche Projekte von Wu Tsang sind in enger Zusammenarbeit mit dem US-amerikanischen Poeten und Theoretiker Fred Moten entstanden. Die Ausstellung wird von Dr. Gail B. Kirkpatrick und Marcus Lütkemeyer kuratiert.
Zur Eröffnung sprechen Markus Lewe, Oberbürgermeister der Stadt Münster, Dr. Barbara Könches, Fachbereichsleiterin Visuelle Kunst der Kunststiftung NRW, Dr. Gail B. Kirkpatrick, Leiterin der Kunsthalle Münster und Dr. Martin Henatsch, Rektor der Kunsthochschule Mainz.