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30.05. – 14.06.01 Florence Lazar 15.06. – 01.07.01 Apichatpong Weerasethakul

Die zweitteilige Ausstellung x-lands / extended zielt darauf ab, Fragestellungen nach Identitätskonstruktionen unter den Prämissen kultureller, politischer und sozialer Veränderungen zu thematisieren. Die im Rahmen der Ausstellung gezeigten künstlerischen Positionen behandeln verschiedene Perspektiven der Konstitution von ‚Identität' innerhalb unterschiedlicher geografisch/kultureller Kontexte. Momente der Zuschreibung von ‚Außen' werden dabei gegen den Blick von ‚Innen' gestellt beziehungsweise damit verbunden.

Die Präsentation der in Paris lebenden Künstlerin Florence Lazar vom 30.5. bis 14.6.2001 umfasst drei Videoarbeiten sowie ausgewählte (Portrait-)Fotografien. Über die verschiedenen Arbeiten werden unterschiedliche Perspektiven und persönliche Stellungnahmen hinsichtlich der politischen Ereignisse und gesellschaftlichen Veränderungen im ehemaligen Jugoslawien präsentiert. Aufgrund enger familiärer Verbindungen nach Serbien begann Florence Lazar 1998 den Themenkomplex ‚Identitäten' zu reflektieren. Arbeitete sie bis dato mit dem Medium der Portraitfotografie, so wählte sie nun mehr im Rahmen einer Recherchenreise im ehemaligen Jugoslawien das Video. Durch deutliche Rückgriffe auf Bilddiskurse der Genremalerei einerseits sowie des Dokumentarfilms andererseits, zielen die Arbeiten von Florence Lazar darauf ab, innerhalb geradezu klassischer Artikulationsformate der Kunst Fragestellungen konkreter gesellschaftspolitischer Wirklichkeit zu thematisieren.

Die Grundlage für die Arbeiten "Les Paysans / Die Bauern" (1999/2000) und "Si je suis pas devenu fou, je dois etre anormal / Sollte ich nicht verrückt geworden sein, muss ich abnormal sein" (1999/2000) bildet 1998/99 in Serbien aufgenommenes Video- und Tonmaterial. Die beiden Arbeiten repräsentieren Perspektiven und Positionen unterschiedlicher sozialer Schichten und Lebenszusammenhänge in Bezug auf die politische Geschichte des Landes. "Confrontations / Konfrontationen" (1999) hingegen entstand in Paris. Aufgenommen in privaten Räumen zeigt das Video ein Streitgespräch, in dem sich zwei Generationen der Familie Lazar mit Handlungsnotwendigkeiten, -möglichkeiten und historischen Zusammenhängen des Kosovokrieges sowie mit dem (vermeintlichen) Veränderungs-/ Demokratisierungsprozess in Serbien auseinandersetzen. Im Gegensatz zu den zwei in Serbien entstandenen Videos zeigt "Confrontations / Konfrontationen" den Blick auf politische Entwicklungen von außen, wobei deutlich wird, dass die Differenz der Positionen maßgeblich durch die Sozialisationsbedingungen bestimmt ist, denn die Eltern Lazar sind serbische bzw. ungarisch-jüdische Migranten, während die Kinder in Frankreich aufgewachsen sind.

Die Präsentation des zweiten Ausstellungsteils vom 15.6. bis 31.6.2001 besteht aus zwei Videoarbeiten des thailändischen Künstlers und Dokumentarfilmemachers Apichatpong Weerasethakul. Seine Arbeit "Thirdworld" (1998) verweist bereits mit dem ‚ironischen' Titel auf die Sichtweite des Westens auf Thailand und andere als exotisch geltende Kulturen und Länder. Präsentiert in bewusst ‚unprofessioneller' Bildqualität stellt der Film eine konkrete Landschaftsbeschreibung, die im Süden gelegenen ‚Idylleninsel' Panyi dar, die gleichermaßen realistisch und dennoch als metaphorisch zu begreifen ist. Über die Tonspur des Films werden in Form von Gesprächen die realen Lebensbedingungen auf der Insel diskutiert.

"Like the relentless fury of the pounding waves" (1995) ist ein experimenteller Dokumentarfilm in dem fragmentarisch verschiedene individuelle Lebensläufe angerissen werden. Den roten Faden und somit die narrative Verbindung zwischen den unterschiedlichen Handlungssträngen und deren Personen bildet das Programm eines Radiosenders, der hauptsächlich Radio Soaps, ein in Thailand enorm populäres Genre zeitgenössischer Hörkultur, ausstrahlt.

Zum Ausstellungswechsel von Florence Lazar zu Apichatpong Weerasethakul findet am Donnerstag, dem 14. 6. 2001, um 18 Uhr ein Screening des Filmes "Reminiscences of a Journey to Lithuania" (1971/72) von Jonas Mekas statt.

FLORENCE LAZAR, geboren 1966 in Paris, lebt und arbeitet in Paris; Ausstellungen (Auswahl): "Mai de la Photo", Reims (1996); Galerie du Triangle, Rennes (1997); arc, Paris (1997); Galerie du Triangle, Rennes (2000); Galerie Anne de Villepoix, Paris (2000); Plattform, Berlin (2001); Kunstverein, Leipzig (2001)

APICHATPONG WEERASETHAKUL, geboren 1970 in Khon Kaen, Thailand, lebt und arbeitet in Bangkok, Thailand; Filme (Auswahl): "Bullet" (1993); 0116643225059 (1994); "Kitchen and Bedroom" (1994); "Like the Relentless Fury of the Pounding Waves" (1996); "Rice Artist Michael Shawanasai's Performance" (1996); "Thirdworld" (1997-98); "The Lungara Eating Jello" (1998); "Malee and the Boy" (1999); "Mysterious Object at Noon" (2000)

JONAS MEKAS, geboren 1922 in Litauen, immigrierte nach seiner Entlassung aus deutschen Arbeitslagern nach New York, wo er als Filmkritiker und Filmemacher arbeitet.; Filme (Auswahl): "Dr. Carl C. Jung or Lapis Philosophorum" (1950-1991); "Guns of the Trees" (1962); "In Between" (1964-1978); "Lost, Lost, Lost" (1949-1963); "Notes for Jerome" (1966-1978); "Oona's Third Year or Paradise Not Yet Lost" (1977-1979); "Reminiscences of a Journey to Lithuania" (1971-1972); "Scenes from the Life of Andy Warhol" (1965-1991); "Zefiro Torna or Scenes from the Life of George Maciunas" (1952-1992)

ULRIKE KREMEIER arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Philosophie der Universität Leipzig und ist künstlerische Leiterin des non-profit Kunstraums plattform in Berlin.

Pressetext

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DAS EXPERIMENT 4:
x-lands / extended
kuratiert von Ulrike Kremeier

mit Florence Lazar, Apichatpong Weerasethakul, Jonas Mekas