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Eröffnung: 14. 07. 2007 um 15 Uhr

„DREI FARBEN – WEISS“ lautet der Titel des XIV. Rohkunstbau. Im zweiten Teil der von Arvid Boellert, Mitbegründer und künstlerischen Leiter von Rohkunstbau, entworfenen Trilogie, zeigt die renommierte Ausstellung zeitgenössischer Kunst zehn unterschiedliche Positionen zum Thema Gleichheit. In Analogie zu der gleichnamigen Filmreihe „Drei Farben – Blau, Weiß, Rot“ von Krzysztof Kieslowski soll für Rohkunstbau die persönliche Sicht der einzelnen Künstler im Vordergrund stehen. Gleichzeitig ist die Ortsbezogenheit der Arbeiten das hervorstechende Merkmal der Ausstellung, wofür der diesjährige Ort Schloss Sacrow, der Teil des Potsdamer UNESCO-Weltkulturerbes ist und ungezählte Geschichten zu erzählen weiß, eine besondere Projektionsfläche bietet.

Als Leitfaden durch die Ausstellung hat der Kurator Mark Gisbourne die Farbe Weiß gewählt. Weiß – Grau – Schwarz als Nicht-Farben oder als Gemeinschaft aller Farben, als Licht und Dunkel. Weiß und Schwarz als Metaphern bilden, zwar nicht streng formal oder literarisch, aber dennoch eine Möglichkeit zur Orientierung. So wird der individuelle künstlerische Blick auf diesen demokratischen Grundwert zur Anschauung kommen, der weniger theoretisch als assoziativ motiviert sein wird.

Gerhard Richter begleitet als Ausgangspunkt und feste Bezugsgröße der zeitgenössischen Malerei die Ausstellung an mehreren Stellen durch seine monochromen grauen Arbeiten. Für ihn ist Kunst die authentischste Form von Wirklichkeit. Seine Antwort ist immer das Bild, bei den grauen Arbeiten verstanden als Antwort auf die Indifferenz, Aussageverweigerung und Gestaltlosigkeit.

Die omnipräsenten Massenmedien, die Stoff für eine intensive Diskussion über Gleichheit liefern, geraten bei einigen Künstlern ins Blickfeld.

Candice Breitz etwa beschreibt die Sprache der Massenmedien als zweischneidige "lingua franca", die auf der einen Seite nivelliert und unterdrückt, auf der anderen Seite aber den Menschen weltweit eine gemeinsame Sprache schenkt und ihnen so Macht verleiht. In ihrer Arbeit für Rohkunstbau sind es Spiegel, die dem Besucher gängige Verse und Stereotypen der Medienwelt vor Augen halten.

Thomas Demands künstlerischer Leitfaden ist die Beschäftigung mit der Abbildungsweise der Fotografie und mit ihrer Rolle im Zusammenhang mit den Medien. Seine Arbeit „Attempt“ zeigt eine nicht gezündete Bombe der RAF, die auf das Haus der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe gerichtet war. Nicht nur das Thema wirkt verstörend, sondern auch Demands inszenierte Räume, denen etwas Konstruiertes, Steriles anhaftet.

Julian Rosefeldt geht es in seiner neuen Filminstallation für Sacrow um die Auseinandersetzung mit nationaler Identität und den Klischees einer „Leitkultur“. Ansatzpunkt dafür ist die Beschäftigung mit der deutschen Romantik, wofür ihm der Ort zahlreiche Inspirationsquellen bietet. Was sind wiederkehrende nationale Symbole und wie gehen wir damit um, lautet die zentrale Frage.

Mehrere künstlerische Arbeiten für den XIV. Rohkunstbau handeln thematisch auch von der Abwesenheit von Gleichheit und erfassen diesen demokratischen Grundbegriff eher ex negativo, wenn sie von Exil, Dislokation, Gewalt und Sexualität sprechen.

Über Maria Chevskas malerischer Installation steht Kafkas beziehungsreicher Aphorismus „Ein Käfig ging einen Vogel suchen“. Die Wechselwirkung von Sprache und visueller Welt wird untersucht. Auch spielen Themen wie Dislokation und Exil in Chevskas Werk eine prägende Rolle, einem Schicksal, von dem sie auch persönlich zu erzählen weiß.

Gil Marco Shani schafft mit seinen Bildern, in denen die scheinbar einfache Malweise mit den gewalttätigen, grausamen Inhalten kontrastiert, Zeichen gesellschaftlicher Verwerfungen, die in ihrer geschlossenen Emblematik erschütternd wirken. Eine Installation von Zeichnungen zeigt in Sacrow beziehungsreich militärische Gewalt und den Einsatz von Hunden zu diesem Zweck.

Ayse Erkmen implementiert in ihren Installationen Räume oder Gegenstände in einen neuen Kontext. Durch diese Transformation bringt sie poetische Metaphern hervor, die kulturübergreifend von assoziativ-verspielt bis zeitkritisch zu verstehen sind.

Andere Künstler des XIV. Rohkunstbau greifen das Thema Gleichheit eher formal auf, indem sie entweder die Farbe Weiß in den Vordergrund stellen oder in minimalistischen und konkreten Arbeiten einen Umgang mit diesem auch kunsthistorisch komplexen Thema suchen.

So stapelt Thomas Rentmeister in Sacrow weiße Wäsche und andere Materialien des täglichen Gebrauchs meterhoch. Seine Arbeiten nehmen auf den ersten Blick durch ihren ironischen Humor und ihre spielerische Leichtigkeit gefangen. Bei näherer Betrachtung offenbart sich allerdings ein kompliziertes Geflecht von Bedeutungsebenen, das weit in die Kunstgeschichte zurückreicht, etwa zu Duchamp oder dem Minimalismus.

Ola Kolehmainen erhebt den Minimalismus zu seiner großen Liebe. Als Vertreter der „Finnischen Schule“ befasst er sich in seinen großformatigen fotografischen Aufnahmen hauptsächlich mit zeitgenössischer Architektur, die auf ihre Strukturen reduziert und von der Dreidimensionalität in die Fläche übersetzt wird.

Obwohl Referenzen zur Konkreten Kunst oder zur Farbfeldmalerei in Jaroslaw Flicinskis Arbeiten evident sind, öffnen seine Bilder den Erfahrungshorizont des Betrachters auf eigene Weise. Sie stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit ihrer Umgebung. Die Gestalt der Räume, die Geräusche und der Rhythmus der Tageszeiten sind diesen Arbeiten eingeschrieben und nehmen so das Schloss mit seiner speziellen Atmosphäre auf.

So verwandelt sich Schloss Sacrow zwei Monate lang in einen Ort der Reflektion über die unterschiedlichsten Ausdrucksformen und Möglichkeiten von Gleichheit. Der kuratorische Rahmen ermöglicht eine intensive, persönliche Beschäftigung mit diesem komplexen Thema, wofür das Schloss mit seinen historischen Schichten spannende Inhalte liefert.

Die Ausstellung des XIV. Rohkunstbau findet auf Einladung des Ars Sacrow e.V. in Kooperation mit der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg statt. Sie wird gefördert von: Kulturstiftung des Bundes, Ostdeutsche Sparkassenstiftung, Land Brandenburg, Mittelbrandenburgische Sparkasse in Potsdam, Cision. Veranstalter: Stiftung SPI, Niederlassung Brandenburg.

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XIV. Rohkunstbau „Drei Farben – WEISS“
Ort: Schloss Sacrow, Potsdam-Sacrow
Künstlerischer Leiter: Arvid Boellert
Kurator: Mark Gisbourne

mit Candice Breitz, Maria Chevska, Thomas Demand, Ayse Erkmen, Jaroslaw Flicinski, Ola Kolehmainen, Thomas Rentmeister, Gerhard Richter, Julian Rosefeldt, Gil Marco Shani