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Ausstellungseröffnung: Freitag, 7. Oktober 2016, 19 Uhr

Yokohama ist der Ort, der symbolisch für den Beginn der japanischen Moderne und für die Öffnung des Landes zur Welt steht. Mit den Europäern kommt um 1860 die noch in den Kinderschuhen steckende Kunstform der Fotografie ins Land, erlebt hier einen kometenhaften Aufstieg und löst die traditionelle Bildtechnik des Ukiyo-e -Holzschnitts zunehmend als zentrales Bildmedium ab.

Vom 8. Oktober 2016 bis zum 29. Januar 2017 widmet sich das Museum Angewandte Kunst in Frankfurt am Main mit der Ausstellung Yokohama 1868–1912. Als die Bilder leuchten lernten dem eigenwilligen Schlusskapitel des Ukiyo-e und dem parallelen Aufstieg der japanischen Fotografie. Mit mehr als 250 Holzschnitten und historischen Fotografien bietet die Schau überraschende, weitgehend unbekannte Einblicke in ein Land im Umbruch und in ein einzigartiges Kapitel der japanischen Kunst.

Der heutigen Hafenstadt Yokohama kam bei der Öffnung Japans eine zentrale Rolle zu: Nicht weit von dem kleinen Fischerort gingen 1853 die „Schwarzen Schiffe“ unter US-Admiral Perry vor Anker. Diese militärische Machtdemonstration leitete das Ende der über 200 Jahre währenden Isolation Japans ein und zwang das Inselreich, sich dem internationalen Handelsverkehr zu öffnen. In der Folge entstanden große Ausländersiedlungen, internationale Handelsgesellschaften eröffneten Niederlassungen in der Stadt und Yokohama avancierte zum beliebten Etappenstopp der ersten bürgerlichen Touristen auf ihrer klassischen „Grand Tour“ rund um die Welt.

Eine faszinierende Begleiterscheinung dieser Entwicklung war der Siegeszug der Fotografie, die gerade in Japan auf ein überwältigendes Echo stieß. Die ersten Fotostudios in Yokohama wurden bereits um 1860 eröffnet, zunächst von europäischen Fotografen, denen jedoch schon bald japanische Meister der Fotografie folgten. Yokohama 1868–1912. Als die Bilder leuchten lernten präsentiert Werke von europäischen Pionieren wie Felice Beato (1832–1909) oder Raimund von Stillfried-Ratenicz (1839–1911). Ebenso sind in der Ausstellung die Arbeiten außergewöhnlicher japanischer Meister wie Kusakabe Kinbei (1841–1932) und Ogawa Kazumasa (1860–1929) vertreten, deren Oeuvre sich vor allem in Motivik und Komposition deutlich von dem der Europäer absetzt. Gerade diese frühen japanischen Fotografien haben eine fast magische Intensität. Sie bedienen zunächst vordergründig vielerlei Klischees eines naiv-exotischen Japanbildes, brechen es in der Folge jedoch virtuos mit einer stilisierten, gleichwohl meisterhaft arrangierten und ausgeleuchteten Bühnensituation und einer eigenen Handschrift.

Diese außerordentlich lebendige Frühphase der japanischen Fotografie ging mit dem langsamen Niedergang des Ukiyo-e-Holzschnittes einher, der zunehmend seinen Ausverkauf ins Ausland erlebte und in Japan kaum mehr auf Interesse stieß. Yokohama-e („Yokohama-Bilder“) heißt eine Sonderform des Ukiyo-e, die sich in der japanischen Hafenmetropole in jenen Jahren heranbildete und den Einbruch der international geprägten Moderne in den japanischen Alltag zum Gegenstand macht. In anrührender Weise drücken diese in der Ausstellung gezeigten Blätter das grenzenlose Staunen aus, mit dem man in Japan dem völlig fremdartigen internationalen Handelsverkehr und all den mit ihm einhergehenden Neuerungen begegnete. Ein bizarres Schlusskapitel erlebte die Holzschnittkunst schließlich in Propagandadrucken aus dem Chinesisch-Japanischen (1894/95) und dem Russisch-Japanischen Krieg (1904/05), in denen der Größenwahn der Periode des Ultra-Nationalismus der 1930er und 1940er Jahre vorweg genommen wird.

Yokohama 1868–1912. Als die Bilder leuchten lernten präsentiert anhand von Werken aus zwei bedeutenden deutschen Privatsammlungen sowie aus Beständen des Museum Angewandte Kunst hierzulande weitgehend unbekannte Ansichten einer Kunstform im Niedergang und einer neuen im Aufbruch. Im Gegenüber geben die Holzschnitte und Fotografien ein differenziertes Bild des rasanten Wandels Japans von einer traditionell geprägten asiatischen Kultur hin zu einem modernen Industrie- und Kolonialstaat.

Zur Ausstellung erscheint ein reich illustrierter Katalog auf Deutsch, Englisch und Japanisch.

Yokohama 1868–1912. Als die Bilder leuchten lernten wird unterstützt durch die freundliche Förderung des Bankhauses Metzler und der Werner Reimers Stiftung.

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meet asian art
Ein neues Ausstellungs- und Veranstaltungsforum im Museum Angewandte Kunst

Vieles deutet darauf hin, dass Asien im 21. Jahrhundert eine zentrale Rolle im Weltgeschehen spielen wird. Auch in Frankfurt am Main ist in den letzten Jahren eine stetig wachsende Präsenz Asiens unverkennbar: Die Stadt hat als Verkehrs-, Kapital- und Wirtschafts-drehscheibe bereits heute die größte koreanische und eine der größten japanischen Communities in Kontinentaleuropa und auch China ist in den Bereichen Industrie, Finanzsystem und Tourismus in Frankfurt immer deutlicher vertreten.

Vor diesem Hintergrund, aber auch angesichts der herausragenden Rolle, die die Sammlungen asiatischer Kunst seit über hundert Jahren im Museum Angewandte Kunst spielen, widmet das Museum der Kunst Asiens mit 亞歐堂 meet asian art ab Oktober 2016 einen neuen Ort des Austausches, des Entdeckens, Verstehens und Diskutierens. Hier finden wechselnde Exponate aus den einzigartigen Sammlungen asiatischer Kunst des Museums in Form kleiner Kabinettausstellungen einen Platz. Zugleich ist 亞 歐堂 meet asian art mehr als ein Ausstellungsraum: Als Forum für Veranstaltungen und Präsentationen bietet es immer wieder neue Einblicke in Asiens Beitrag zur Kunst der Welt.

Seit der Gründung des Kunstgewerbevereins im Jahr 1877 bildeten Ostasien und die islamische Welt in der Sammlungsstrategie des Museum Angewandte Kunst – damals noch unter dem Namen Kunstgewerbemuseum – ein sichtbares Gegenüber zur angewandten Kunst Europas und des Westens. Dieses wurde nicht zuletzt durch das Logo des Museums symbolisiert, das von der Nachkriegszeit bis in die 1990er Jahre ein Gingkoblatt zierte. Heute verfügt das Museum Angewandte Kunst über eine asiatische Sammlung von internationalem Rang, die im Rhein-Main-Gebiet einzigartig und in Deutschland nur mit wenigen Städten wie etwa Berlin, Köln, Hamburg oder Stuttgart vergleichbar ist.

meet asian art – die Schriftzeichen bedeuten übersetzt in etwa „asiatisch-europäischer Salon“ – eröffnet zeitgleich mit der Ausstellung Yokohama 1868–1912. Als die Bilder leuchten lernten am 7. Oktober 2016. Aus diesem Anlass werden ausgesuchte Meisterwerke des japanischen Cloisonné der Meiji-, Taishô- und frühen Shôwa-Periode (ca. 1870–1935) präsentiert. Die Email-Arbeiten sind Teil einer umfangreichen und kostbaren Schenkung, die das Museum Angewandte Kunst im Sommer 2016 in Empfang nehmen durfte.