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Man sieht etwas, das nicht da ist, oder sieht eben nicht das, was tatsächlich da ist: „Your Latest Trick“ zeigt künstlerische Arbeiten, die Methoden optischer Illusionen anwenden um Momente aus der „realen“ Welt zu reflektieren.

Fehler, Magie und Illusion sind altmodische Begriffe und Metiers. Vom Fehler ist höchstens im Privaten die Rede. In Politik und Wirtschaft spricht man an dessen Stelle von Optimierungsprozessen oder vom Blackout. Was aber die Magie und die Illusion vom Fehler trennt, ist das Regelhafte, die Strenge – dass für Magie und Illusion ein Fehler deren Ende bedeutet.

Warum laufen gegenwärtig Filme im Kino, die von diesen Künsten handeln? Der Nostalgie wegen? Geht es um das Einfache dieser illusionistischen Verblendungszusammenhänge? Auch in den Online-Videoplattformen des Web 2.0 findet man zahlreiche Clips dilettantischer Aufführungen - wobei oft nicht deutlich wird, ob der Trick nun „echt“ ist oder digital erzeugt wurde. Was können diese visuellen Strategien erzählen, was bedeutet ihre Trickhaftigkeit? Optische Illusionen erscheinen als geeignete Methode um auf aus Gewohnheit Unsichtbares hinzuweisen und gängige Erwartungen abzulehnen.

Im Schaufenster hängt Manuel Gorkiewicz eine Wand auf, die beidseitig mit einer Dekorationsfolie bespannt ist. Von außen gibt das Objekt die Illusion einer leeren Auslage vor; Gorkiewicz verwandelt den Ausstellungsraum (wieder) in ein vakantes Ladenlokal und verweist damit auf die Umbausituation am Alexanderplatz. Auf der Schaufensterrückseite ist eine einfache Darstellung des Simultankontrastes zu sehen. Simultankontrast heisst, dass die selbe Farbe auf dunklem Hintergrund heller und auf hellem dunkler erscheint. Manuel Gorkiewicz greift dafür zu untypischen Materialien: Styroporzylinder sind mit Schokoladenglasur überzogen – Pop Art und Op Art Referenzen gehen eine humorvolle Verbindung ein. Seit 2004 beschäftigt sich Heike Bollig mit Produktionsfehlern und maschinellen Fehlleistungen. Als Siebdruck, einem typischen Op Art Medium, reproduzierte sie das „Hermann Gitter“. Schon 1870 entdeckte der Berliner Physiologe Ludimar Hermann, dass wir an den Kreuzungspunkten eines hellen Gitters mit schwarzen Quadraten beim indirekten Sehen dunkle Flecken sehen. Zu Bolligs Konzept gehört es, gelungene wie fehlgeschlagene Reproduktionen auszustellen, einerseits um ihren künstlerischen Versuchen Rechnung zu tragen und andererseits um der Unmöglichkeit auszuweichen, immer die richtige künstlerische Entscheidung zu treffen. Darüber hinaus treibt Bollig ihr ironisches Spiel mit den Erwartungen des Kunstpublikums, denn sie übertreibt das Klischee von dem, was künstlerische Arbeit leisten soll, nämlich immer neue Sichtweisen eröffnen, mit den im wörtlichen Sinne unoriginellen Bildern eines klassischen Täuschungsmusters.

In „Ein Zaubertrickfilm“ (2001) von Ulla von Brandenburg führen befreundete KünstlerInnen Zauberkunststücke und kleine Tricks vor. Die unbewegte Kameraeinstellung begrenzt den Raum auf einen Ausschnitt, den die AkteurInnen nacheinander wie eine Bühne betreten. Der Film ist ursprünglich als Super-8-Film in Schwarzweiß entstanden und wurde anschließend in das Videoformat übertragen. Durch die Wahl eines inzwischen historischen Mediums provoziert von Brandenburg eine zeitliche Verschiebung. Die Tricks werden scheinbar wie aus der Vergangenheit oder der Erinnerung abgerufen.

In der für die Ausstellung konzipierten Videoarbeit „Hand made“ stellt Eva Meyer-Keller jeweils verschiedene Szenarien von Naturkatastrophen modellhaft nach – sie nennt das choreographiertes Basteln. In auf 3 Minuten komprimierten 24 Stunden-Abläufen werden Tag- und Nachtzeiten durch entsprechende Beleuchtung nachgeahmt. Um die durch den Klimawandel bedingten Ausnahmezustände mit einfachsten Mitteln zu einem kompakten Ereignis zu machen, verwendet Meyer-Keller Styropor, Salz und Haushaltsgeräte. Bühne für das aufgeführte Schauspiel ist ein Aquarium, das sich auf einer rotierenden Scheibe dreht. In dessen Glas spiegeln sich Stativ und Kamera sowie Meyer-Kellers Hände – es ist also gleichzeitig das „Making of“ im Bild zu sehen.

Vera Tollmann

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Your Latest Trick
Fehler #1
kuratiert von Vera Tollmann

mit Heike Bollig, Ulla von Brandenburg, Manuel Gorkiewicz, Eva Meyer-Keller