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In ihrer vor 10 Jahren entstandenen Werkserie A Life Full of Holes: The Strait Project zeichnet Barrada ein Bild von Tanger, in dem die postkoloniale Geschichte in eine ihrer Sackgassen geraten ist. Ihr neueres Projekt Iris Tingitana weitete diese Untersuchung auf die schnell wachsenden Außenbezirke der Stadt aus, wo monokulturelle Visionen von Stadtplanern und Bauunternehmern die Landschaft wie das Leben zu homogenisieren drohen.

Die Ausstellung, die ausgewählte Arbeiten aus diesen frühen Werkreihen sowie neue Fotografien und Filme zeigt, ist als eine Konstruktion im dreidimensionalen Raum und als bewusste Gegenüberstellung dieser Werke konzipiert. Sie spielt mit den variierenden Distanzen zwischen dem Objektiv der Fotografin Barrada und ihren Gegenständen und zeigt die ganze Vielfalt der Medien, die von der Künstlerin in ihrer Arbeit eingesetzt werden.

Der Titel der Ausstellung ist von der Musik inspiriert, wo „Riff“ eine rhythmische Figur bezeichnet, eine musikalische Phrase, die Musiker den fixierten Noten hinzufügen. Das Wort bezieht sich außerdem auf das zerklüftete Rif-Gebirge in Marokko, Ausgangspunkt von Aufständen und Basis einer historischen Splitterrepublik, sowie auf das im Art-déco-Stil erbaute Cinéma Rif, das die Cinémathèque de Tanger beherbergt.

Die drei Filme Beau Geste, Playground und Hand-Me-Downs sind ebenfalls „Riffs“ – sie formulieren neue Räume, Klänge und Bedeutungen. Ein wiederkehrendes Motiv in der Ausstellung ist der Baum – sowohl als physischer Baume als auch als Stammbaum. Bäume dienen als Metaphern für Widerstand und Stärke, für die Entstehung von Sichthorizonten, die Übermittlung zwischen den Generationen, den Wandel der Zeit, für Schutz, Regeneration und Ernährung, aber auch für Dekoration und Tourismus. Erinnerung und Vergessen, Geschichte und unsolide Erzählungen sowie die Details und die Bruchstückhaftigkeit des alltäglichen Lebens spielen in dieser Ausstellung eine große Rolle, Themen, die zwischen den Arbeiten reflektiert werden. Auch der Besucher wechselt die Perspektiven und die Ebenen – indem er auf ein Zwischengeschoss hinaufsteigt; sich von intimen Projektionsräumen auf einen Balkon bewegt, von dem man die großen Wände mit den Fotografien überblickt oder sich in einen Vorführraum setzt, um das von der Cinémathèque präsentierte Filmprogramm zu betrachten.

Yto Barrada wuchs zwischen Tanger und Paris auf, wo sie Geschichte und Politologie an der Sorbonne studierte, um danach das International Center of Photography in New York zu besuchen. Ihre Arbeit, in der sie Strategien des Dokumentarischen mit einem eher meditativen Umgang mit Bildern kombiniert, führte sie, nach sechzehn Jahren im Ausland, wieder in ihre Heimat zurück. Heute lebt sie in Tanger, um sich weiterhin mit den komplexen Realitäten ihrer Umgebung zu beschäftigen, wobei sie die Strenge ideologischer Diskurse ebenso vermeidet wie den Rückgriff auf Spektakuläres oder Melodramatisches. Ebenfalls als Reaktion auf die Dynamik der Region gründete Barrada gemeinsam mit anderen die Cinémathèque de Tanger, das erste Kinokulturzentrum in Nordafrika, dessen Leiterin sie heute ist. Die von der Cinémathèque organisierten Filmprogramme und Workshops, das Archiv und die Wanderausstellungen sind Auseinandersetzungen mit dem einzigartigen Status von Bildern und Repräsentationen in der zeitgenössischen arabischen Welt und darüber hinaus.

ARTIST OF THE YEAR

Ausgewählt wurde die 1971 in Paris geborene und heute in Tanger lebende Künstlerin Yto Barrada auf Empfehlung des Deutsche Bank Global Art Advisory Council, zu dem die renommierten Kuratoren Okwui Enwezor, Hou Hanru, Udo Kittelmann und Nancy Spector gehören.

Die Wahl Barradas zur „Künstlerin des Jahres“ 2011 repräsentiert gleichermaßen wichtige Schwerpunkte des Kunstengagements der Deutschen Bank: Internationalität, Diversität, die Verbindung von künstlerischen Fragestellungen mit sozialen Themen.

Im Unterschied zu vielen anderen Auszeichnungen ist „Künstler des Jahres“ nicht mit einem Geldpreis verbunden. Das entspricht der grundsätzlichen Leitlinie „more than money“, die das gesellschaftliche Engagement der Deutschen Bank aufgreift. Bei der Förderung junger Künstler geht es der Bank nicht um eine einmalige finanzielle Unterstützung, sondern darum, neue und beachtenswerte Positionen einem breiten Publikum zu vermitteln und langfristige Impulse für die künstlerische Laufbahn zu geben.

Deshalb wird der „Künstler des Jahres“ in einer Einzelausstellung im Deutsche Guggenheim vorgestellt. Zusätzlich wird eine Auswahl von Arbeiten für die Sammlung angekauft. Der Fokus liegt dabei auf jungen Künstlern, die bereits ein unverwechselbares und außergewöhnliches Werk geschaffen haben, in dem Arbeiten auf Papier oder Fotografie eine wichtige Rolle spielen. Barradas Werk ist außerdem im Rahmen des neuen Kunstkonzepts für die modernisierten Türme des Frankfurter Hauptsitzes der Deutschen Bank eine ganze Etage gewidmet.

Kuratoren: Friedhelm Hütte, Global Head of Art Deutsche Bank, und Marie Muracciole, Kunstkritikerin und freie Kuratorin/ Paris

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Deutsche Bank präsentiert Künstlerin des Jahres
Yto Barrada
RIFFS
Kuratoren: Friedhelm Hütte, Marie Muracciole