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Zur Open Art zeigt die Galerie Traversée die Ausstellung Geopoetika von Yuri Leiderman.

Vernissage am 14. September von 18:00 - 21:00 Uhr Der Künstler ist anwesend

Die Auseinandersetzung mit politischen, historischen und territorialen Themen lässt sich als ein subjektiv und zugleich abstrakt verarbeitetes Charakteristikum in Yuri Leidermans Werk ablesen. Für die Galerie Traversée stellt er -in Form einer spezifischen Auswahl aus Arbeiten der Reihe GEOPOETICS- ein exemplarisches Statement seines Zu- und Umgangs mit Realität, ihrer Fiktion und Sinnstiftung zusammen. Sein künstlerisches Vorgehen ist dabei gleichermaßen konzeptionell, rationalistisch, sowie von persönlichem Interesse geprägt und zeichnet sich durch distanzierende Parodierung und provokante Infragestellung von Ausdrucksmöglichkeiten der Bildsprache aus. Was bitte macht Jassir Arafats Portrait im Gänsestall, was die Abbildungen dunkelhäutiger Menschen gruppiert um ein Glas Milch? Die Ausstellung verbreitet keine eindeutigen Botschaften, bietet keine Antworten auf Fragen, lediglich ein Fokussieren der Aufmerksamkeit auf die Fähigkeit von Kunst, mit parodierenden, verfremdenden und formalistischen Verfahren, Welt durch Bilder und Sprache scharfsinnig zu poetisieren oder auch ad absurdum zu führen. Ideologiekritische Reflexion und politische Wachsamkeit sind dabei unerlässlich.

Wir begegnen Kunstwerken, die nicht allein nach ihrer Erscheinungsweise oder optischen Attraktivität zu beurteilen sind, sondern vielmehr nach einer „Methode des Denkens“ (Carl André), die auch maßgeblich davon lebt, Gedanken umzudrehen. Das Werk an sich lässt sich als Teil eines Beziehungsnetzes verstehen und als Einladung zum Dialog. Dass Logik und ihre Anknüpfung an die Realität nebensächlich sind, mal vorhanden sind, mal wieder verschwinden, verhilft dem künstlerischen Werk zu einer attraktiven Rätselhaftigkeit, die das Assoziations- Reflektions- und Interpretationsvermögen des Betrachters herausfordern, auch zu der Fähigkeit und der Freiheit, sich auf Paradoxien und Fantastisches einzulassen, Ungewisses auszuhalten oder ins Nichts auszulaufen.

„Im Grunde besteht die Idee der Geopoetik darin, dass Ethnie, Politik, Rassen und Völker, also das, was als Basis für jede Art Erfindung dient, sich selbstständig in nicht existierende Objekte verwandelten, ähnlich wie kleine Ovale, Schachteln, Kommödchen und Schränke. Als gäbe es tatsächlich eine handelnde „Personnage“, tatsächliche Repräsentanten des Volkes, doch eigentlich sind es lediglich Repräsentanten von Leistenkanten oder Repräsentanten von Kaffeeflecken. Im Grunde genommen sind es politische Invektiven, die man ausschließlich als poetische Invektiven verstehen sollte. Im Grunde genommen wird eine Geopolitik über Geologie und Poetik aufgestrichen und verteilt.“

(Yuri Leiderman, Bemerkungen zur Geopoetik)

Yuri Leiderman (*1963 in Odessa) lebt und arbeitet in Moskau und Berlin. Seit 1983 nimmt er an den Aktivitäten der Moskauer Konzeptualisten teil und ist (gemeinsam mit Pavel Pepperstein und Sergej Anufriev) Mitbegründer der seit 1987 bestehenden Gruppe der „Medical Hermeneutics“. 1990 löste er sich von den MedHermeneutiks und geht seither eigene Wege. Er war Teilnehmer der Manifesta 1996 in Rotterdam, der Sidney Biennale 1998, der Biennale Venedig 2003 und der Biennale Shanghai 2004. Seine Werke befinden sich in renommierten Sammlungen u.a. im Staatlichen Russischen Museum, Sankt Petersburg, Ludwig Museum, Budapest, in der Sammlung Ludwig, Aachen sowie im FNAC, Paris.

Text: Julia Lachenmann

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