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Die Kunst ist das Gegenteil von Natur und doch gibt es nichts, mit dem sich die Kunst mehr beschäftigt als mit der Natur. Die Ausstellung Ferne Nähe untersucht am Werk von 23 internationalen Künstlerinnen und Künstlern, wie die Kunst der Gegenwart die Natur sieht. Installationen, Objekte, Gemälde, Fotos, Filme zeigen Versuche, die Distanz aufzuheben, und zugleich das Bewusstsein, dass ›Natur‹ eine kulturelle Konstruktion, Projektionsfläche von Ideen, Werten und Gefühlen, unsere Erfindung ist. Bedroht und bedrohlich, Gegenstand nostalgischer Sehnsucht, ausgebeutetes Materiallager und spiritueller Grund, die Natur erscheint vertraut und fremd, nah und fern. Einerseits ist sie eine autonome Realität, an der der Mensch, der selbst Natur ist, teilhat, andererseits tritt er reflektierend aus ihr heraus, um sie als das Andere anzuschauen und zu begreifen, und bewirkt damit selbst die Erfahrung der Trennung.

Die Werke der Ausstellung verdeutlichen, dass gerade Kunst nicht Natur sein kann, sie schiebt sich als eigener Blick zwischen uns und die Natur, selbst dort, wo sie unmittelbar Materialien und Formen aus der Natur verwendet. Und doch ist es gerade die Kunst, die sich mit ihren Medien der Natur zuwendet und die Differenz zur Natur nicht nur beschreibt und fixiert, sondern neue Zugänge zur Natur eröffnet. Die Ausstellung macht diese Doppelperspektive deutlich, die unterschiedlichen Möglichkeiten von Annäherung und Entfernung. Die Kunst der Gegenwart imitiert, verfremdet, erforscht, erfindet Natur. Sie nutzt die Natur als Reservoir, um höchst artifizielle Produkte herzustellen, sie gleicht sich der Prozessualität der Natur an oder macht die Methoden der Kunst, Natur zu zeigen, selbst zum Thema der Kunst. In der Auseinandersetzung mit der Natur führt die Kunst ebenso eine Diskussion der Medien Malerei, Fotografie, Film und Objekt und deren unterschiedlichen Bedingungen von Abbildung und Bilderzeugung. In der Frage nach Vermittlungsmöglichkeiten von Natur arbeitet die Kunst der Gegenwart auch mit traditionellen Bildformen wie Landschaft und Garten. Die Landschaft als vom Sehen begrenzter Naturausschnitt, der dennoch die Gesamtheit der Natur vertritt, und der Garten als kultivierter und geschützter Naturbereich stehen neben der Vorstellung einer wilden, unbeherrschten Natur, Resonanzraum der Angst und Fremdheit, aber auch des Verlangens nach einer Identität des Ichs mit der Natur. Der Blick richtet sich ebenso auf die Natur als einem vom Menschen bereits vielfach deformierten, gesellschaftlich angeeigneten Raum, der seine Autonomie und die Möglichkeit, das Andere zu sein, verloren hat. Die Kunst beschäftigt sich so intensiv mit der Natur, weil es dabei sowohl um sie selbst als auch um den Ort des Menschen geht. Die Ausstellung Ferne Nähe fügt die gezeigten Positionen nicht zu einer stringenten Geschichte zusammen, gibt keinen Überblick über das Thema, deutet aber dessen Weite an in Ansichten der Natur, die von elementarer Kraft, Künstlichkeit und Verlust sprechen.