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Die Forderung nach einer Unabhängigkeit der Kunst von Zwecken und Bevormundungen jeglicher Art sowie das Streben der Künstler nach Autonomie des Kunstwerks ist Bestandteil der Geschichte der Kunst seit deren Beginn. Deutlich wird sie spätestens seit der Romantik und ist bis in die Gegenwart ein Streitpunkt. Die Entwicklung der künstlerischen Bildsprache wie auch des Künstlers als unabhängig handelnder Person erfuhr für unser Erfahrungsgebiet in den späten Jahren der DDR eine wesentliche Veränderung.

Zum Ende der achtziger Jahre war vielen Künstlerinnen und Künstlern nicht mehr an einem Konsens mit den sozialistischen Verhältnissen und ihren Vertretern gelegen. Sie wandten sich ab von jeder Art staatlicher Reglementierung und ignorierten die offiziell vorgegebenen Modelle. Künstlerische Produktion wurde zum Mittel Identität zu stiften. Die Künstlerinnen und Künstler nutzten die zunehmende Unsicherheit des Staates und die sich dadurch öffnenden Freiräume. Innerhalb, mittels oder gegen staatliche Strukturen entstanden Netzwerke, die eine völlig neue Art der Kreativität erlaubten. Es arbeiteten bildende Künstler mit Dichtern, mit Fotografen, mit Bands und Verlegern zusammen. Diese Vielfalt der Aktivitäten abseits des Konsens´ wurde zum selbstbestimmten „Weg aus der Ordnung“ (Uwe Kolbe), der völlig neue Freiräume für eigenständige kreative Lebensformen barg.

Die Motive für das Entstehen der sich als autonom verstehenden Kunstszene waren weniger im bewussten Widerstand gegen den Staat zu sehen, als in der Verwirklichung eines Autonomiebegriffs von Kunst und dem autonomen Status des Künstlers.

Die künstlerischen Positionen der jüngeren Künstlergeneration entwickelten sich zunehmend radikal individuell. Der Formbegriff wurde hochgradig subjektiv, stilistische Kategorien wie „realistisch“ oder „abstrakt“ waren hierbei völlig nebensächlich. Was zählte war einzig die ästhetische Selbstbehauptung. Ein ständiges kommunikatives sich Mitteilen, an dem Alle partizipieren konnten, war immanent. In Ateliers der Künstler fanden Ausstellungen statt, die Dichter lasen in ihren Wohnungen, Zeitschriften und Bücher wurden im Handdruck produziert. Es entstand ein ausgeprägtes Zugehörigkeitsgefühl zu einer ideellen Gemeinschaft. Diese sich unabhängig verwirklichende Kunstszene wurde zu einer eindrucksvollen geistigen Vorhut, die auf ihre Weise den Untergang des politischen Systems vorwegnahm und diesen faktisch beschleunigte. Diese exemplarische künstlerische Haltung stellt auch heute noch ein Beispiel für die Autonomie der Kunst dar.

Die Ausstellung zeigt originalgrafische Künstlereditionen, Künstlerbücher, Malerei, Zeichnung, Fotografie und Videos von Rolf Biebl, Micha Brendel, Jörg Herold, Uta Hünniger, Thomas Florschuetz, Ralf Kerbach, Klaus Killisch, Oskar Manigk, A.R. Penck, Hans Scheib, Cornelia Schleime, Holger Stark, Michael Wirkner, den Autoperforationsartisten u. a.

Gefördert durch das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur des Landes Mecklenburg-Vorpommern, den Landkreis Nordwestmecklenburg und die Gemeinde Plüschow.

Mit freundlicher Unterstützung durch die Stiftung der Sparkasse Mecklenburg-Nordwest.

Dank an die Leihgeber: Galerie Eigen+Art Berlin/Leipzig, Galerie Schwarz, Thomas Günther, Kunstmuseum Dieselkraftwerk Cottbus, Eckhard Sanow, EP Edition/Verlag Jürgen Schweinebraden, Uwe Warnke Verlag und Verlag Lutz Wohlrab.