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An die Ästhetik psychedelischer Zeichentrickfilme erinnernd, scheinen Bernhard Härtters Farbkreise den Betrachter wie hypnotisierte Augen anzustarren. Ein Gefühl zirkulärer Bewegung stellt sich ein, auch wenn die Bildträger, kleine Aluminiumquadrate, fest in ihrer Halterung ruhen. So eng scheint die Assoziation von Rausch und Rotation zusammenzu- gehören, dass die Stille der Bilder beinahe beunruhigend wirkt. Man erinnert einen tonlosen Klang, etwa jenen von unzähligen Nadeln, die in der letzten Rille sich endlos drehender Schallplatten hängengeblieben sind. Tatsächlich ist die Kreisbewegung der Farbformationen mechanischen Ursprungs. Jedes der Aluminiumquadrate mit einer Seitenlänge von 12 cm rotiert während des Schaffensprozesses auf dem Teller eines Plattenspielers, der eine der technischen Voraussetzungen für das entgrenzte Lebensgefühl der späten 1960er Jahre bildete. Die Hand des Künstlers scheint die Funktion des Tonarms einzunehmen. Ein in feinsten Bewegungsspuren geführter Pinsel hinterlässt auf der Aluminiumscheibe Spur um Spur, variierend zwischen opakem und transluzidem Farbauftrag, bis der intendierte Durchmesser des Farbfeldes erreicht ist. Vereinzelte, zum Teil bewusst belassene Unregelmässigkeiten verweisen auf die Handschrift des Künstlers.

In der expressiven Farbigkeit erlangen die einzelnen Arbeiten ihre ausgesprochene Individualität. Zugleich rückt die All-Over-Installation der aktuellen Ausstellung den Eindruck einer tiefen Verwandschaft zwischen den einzelnen Farbkreisen ins Blickfeld. Erst in der Zusammenschau manifestieren sich die nuancierten Abstufungen und Übergänge zwischen den Einzelelementen.

An der Schnittstelle von Konzeptkunst und Malerei zeigen die neuesten Arbeiten Bernhard Härtters (geb. 1962 in Calw) wiederum seine stetige Auseinandersetzung mit malerischen Möglichkeiten und der Materialität von Bildträgern. Die angestrebete Totalität der Malerei scheint hier in atomistisch kleine Einzelelemente und Bildpartikel zu zerfallen. "Meine Malerei entsteht aus dem Bedürfnis, in einen Vorgang ohne feste Begriffe einzutauchen, und es entstehen kleine Gemälde, die ich Ostentationen nenne, in Widerspruch und in Erfüllung des Prinzips der Ausstellung als blosser Zurschaustellung", so Bernhard Härtter. Diesmal präsentiert er ein Ensemble von Individuationen einer Spezies, deren stilles bis schrilles Farbgezwitscher in somnambuler Entrückung den Betrachter betört - like voices of sleeping birds.

Janine Gebser

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