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Der 1974 in Santafé de Bogotá, Kolumbien geborene Maler gibt seinen Bildern keine wortreichen oder rätselhaften Titel. Dafür stellt er sie unter einem speziellen Ausstellungstitel zusammen. Eine gemeinsame Tendenz, ein Thema verbindet die autonomen Einzelbilder. Die neuesten Arbeiten zeigen Szenen oder Szenerien, entwickelt in Landschaften oder Innenräumen, die sich zu Landschaften öffnen. Gelobtes Land? Verbotene Zone?

Wie die Schauplätze aus unterschiedlichen Motiven, Perspektiven und Oberflächen sind auch die Figuren kombiniert – zusammengesetzt aus einzelnen menschlichen, tierischen oder fantastischen Teilen: Köpfe, Rümpfe, Glieder, deformiert, aufgeblasen oder geschrumpft. Ein Kennzeichen sowohl der Schauplätze als auch der Figuren ist die Uneindeutigkeit ihrer Verortung. Wann und wo ist kein Thema. Wohl aber die Möglichkeit der Existenz an sich – oder ihrer Unmöglichkeit. Es könnte um die Frage des Was gehen. Diese Frage jedoch ist die subjektivste, denn sie fragt nach dem Wesen von Orten und Dingen.

Malerei und Motiv: Beides ist dem Paradox unterworfen, in Vielfalt und Widerspruch das Zusammengehörige zu inszenieren, im Zerreißen zu verbinden. Dazu bedient sich Carlos de los Rios der klassischen Ölmalerei, und er erfindet die Motive nicht ohne Referenzen an die Bildwelten, die heute verfügbar sind, aktueller wie historischer. Die Bildelemente sind für den Künstler Ressourcen, Quellen, aus denen er schöpft und die gewonnenen Essenzen zu gemalten Collagen montiert. Neben der Malerei entstehen so übrigens tatsächliche Collagen, beispielsweise in einer Serie von Vogelgeschöpfen (32 Memoiren des Geflügelexodus). Zahlreiche vorbereitende Zeichnungen fassen Bildideen, einzelne Szenen wandern weiter in andere, neue Arbeiten. Die Malweise sorgt für inszenierte Brüche, kann altmeisterlich lasierend oder roh und direkt sein. Stoffliche Imitation und eigenständige Geste begegnen sich.

Vereint sind die motivischen wie faktischen Kontraste in einem Produkt, das einen Inhalt besitzt. Einen Inhalt, keine erzählbare Botschaft. Für Carlos de los Rios ist unter dem Strich ein böses Lachen, ein Grinsen die bildhafte Umschreibung für den Eindruck, den seine Arbeiten erwecken. Sie können das verstörende Gefühl geben, das sie etwas mitteilen, das wir längst wissen oder ahnen, aber lieber nicht wissen wollen. Wie im Traum bringen die Bilder Dinge zusammen, zeugen Bedrohung, die den Schlafenden nicht verschlingt, wenn er wieder erwacht. Das konkrete Unheil sieht anders aus, und dem vernünftigen Wachen ist der Traum selten präsent. Der böse Traum der „Gelobten Zone“ ist ein gesellschaftlicher. Auf der Suche nach dem gelobten Land, der gelobten Landschaft, betritt der Migrant die Zone, in der unvernünftige Ungeheuer geboren wurden. Ihr Wesen ist Bild geworden (das natürlich auch allegorisch betrachtet werden kann).

Jochen Meister

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Carlos De los Rios
Gelobte Zone
Ort: Loft 38, München