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Ort: Remise

Über Umwege zum Motiv beziehungsweise zur Form zu kommen, so beschreibt Helen Feifel (geb. 1983 in Schwäbisch Gmünd) ihre Arbeitsweise, bei der die gewählten Techniken als Mittler dienen. Einer aktuellen Tendenz in der Kunst entsprechend sich verstärkt kunsthandwerklichen Techniken zuzuwenden, schafft Feifel Werke, bei denen die Frage nach Funktionalität schnell in den Hintergrund rückt und Platz macht für die Wahrnehmung derer als autonome Kunstwerke. Mitunter in Vergessenheit geraten oder aus der Mode gekommen, erscheinen die künstlerischen Herangehensweisen auf den ersten Blick: die Adaption einer südasiatischen Batiktechnik, die Arbeit mit Keramik oder das Kolorieren von Fotografien. Als Ausgangsbasis bedient sich die Künstlerin dieser und entwickelt durch verschiedene weitere Referenzen schließlich neuartige formale Lösungen.

In der Remise des Kunstverein Braunschweig zeigt Helen Feifel Arbeiten aus drei Werkgruppen, die allesamt 2015 entstanden sind und Einblick in ihr facettenreiches Werk verschaffen. Das Changieren zwischen den Gattungen wird offenbar, wobei Objekt, Malerei, Textildesign und Fotografie in Dialog treten.

Die raffinierte Verknüpfung sich zunächst fremd anmutender Referenzen aus Kunst- und Kulturgeschichte, welche als eine künstlerische Strategie Feifels zu erkennen ist, wird anhand des Teppichs Neubrandenburg deutlich. Ein Gemälde von Casper David Friedrich dient Helen Feifel als Grundlage, für das sie ein aufwändiges Raster errechnet, wonach die Wollfäden handgefärbt und gewebt werden. Sie lehnt sich hier an das antike Ikat-Verfahren an, eine südasiatische Batiktechnik, bei der das Garn vor dem Weben nach einem bestimmten Muster eingefärbt wird. Rührt Feifels Motivvorlage aus einem völlig fernen Kontext, so bildet die für Friedrichs Malereien charakteristische streng gegliederte Bildordnung eine Parallele zu der asiatischen Webtechnik. Der Einfluss der Rasterübertragung auf ein detailliertes Motiv und die Spannung der Fäden im Webrahmen führen u.a. zu der abstrakten Darstellung von Neubrandenburg.

Das Gegenständliche zu abstrahieren schwingt als Gedanke stets mit, wenn das Motiv eines Landschaftsgemäldes in einen Teppich transferiert wird, Formen gefundener Keramiken in modifizierter Weise aufgegriffen werden oder eine Fotografie, die bisweilen Anklänge in der Modefotografie findet, als Hintergrund für abstrakte Malereien umgedeutet wird. Die Künstlerin scheut sich nicht, dem Zufall Eingang in ihre Werke zu verschaffen. Dieser ergibt sich zum einen aus der Tatsache, dass sie sich Techniken, die auf Perfektion und Detailgenauigkeit angelegt sind, meist autodidaktisch erschließt. Zum anderen lässt sie die Eigenwilligkeit des Materials nicht nur zu, sondern kalkuliert sie teilweise bewusst mit ein. Helen Feifel lebt und arbeitet in Berlin. Sie studierte an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe bei Meuser und Daniel Roth. Derzeit ist sie mit einer Einzelausstellung in der Deutschen Bank in Frankfurt/Main vertreten. 2014 erhielt sie das Kaiserringstipendium für junge Kunst, Goslar.

Die Ausstellung wird unterstützt vom Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur.