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15. März – 11. Mai 2024

MAJA DANIELS
GERTRUD

Die Fotografin und Filmemacherin Maja Daniels spielt gerne mit den Grenzen zwischen Dokumentarischem und Fiktionalem. In Anlehnung an eine alte Geschichte über ein Mädchen, das in einem Dorf im schwedischen Dalecarlia der Hexerei beschuldigt wird, verbindet sie Vergangenheit und Gegenwart, Mythos und Realität und stellt den Lauf der Geschichte in Frage. Im Jahr 1667, an einem kalten Herbsttag in Älvdalen in der Region Dalecarlia in Schweden, wurde ein zwölfjähriges Mädchen namens Gertrud Svensdotter der Hexerei beschuldigt. Ihr angebliches Verbrechen bestand darin, mit übernatürlichen Kräften auf dem Wasser gelaufen zu sein. Der Vorfall markierte den Beginn der schwedischen Hexenverfolgung, einer Periode der Massenhysterie und des Terrors, die acht Jahre andauerte und fast 300 Menschen den Tod kostete. In Schweden wie auch im übrigen Europa markierten Hexenprozesse das Ende der feudalen Gesellschaft und leiteten die Moderne und später die kapitalistische Ära ein. In der neuen, von Angst geprägten Weltordnung veränderten sich die Rolle der Frau und die Wahrnehmung der Natur radikal: Frauen wurden in ihrer Freiheit eingeschränkt (sie waren auf die traditionellen Vorstellungen der Kernfamilie beschränkt: zu Hause bleiben und Kinder bekommen), und der Wald hörte auf, ein Ort des Mythos zu sein, und wurde zu einer natürlichen Ressource.

Maja Daniels verbrachte einen Großteil ihrer Jugend in Älvdalen und hörte sich die Geschichten ihrer Großmutter an. Die Ausstellung Gertrud bringt die Geschichte des kleinen Mädchens, das auf dem Wasser ging, in die Gegenwart und lässt die Welt, in der Gertrud lebte, nach anderen Gesetzen wiedergeboren werden. In dieser neuen Welt ist die Abfolge der Ereignisse noch nicht festgelegt. Die Fotografin untersucht, wie dominante Ideologien und eine Kultur des Schweigens in Schweden ein bestimmtes Verständnis der Welt geprägt haben.

Für Maja Daniels sind Fotografie und Film magische Räume, die sich dem Wissen widersetzen, Vergangenheit und Zukunft verschmelzen lassen und die Grenzen der Welt, wie wir sie kennen, neu definieren. Man könnte argumentieren, dass die Fotografie, wie auch die Mythen, auf einer gefährlichen Form der Täuschung beruht. Ist Magie nicht letztlich das Versprechen von etwas im Tausch gegen nichts? Das ist vielleicht seine erlösendste Kraft: Nicht alles muss und kann gemessen und erklärt werden.

Die meisten ihrer Arbeiten sind das Ergebnis von Performances in natürlichen Umgebungen, in denen Maja Daniels ihre eigenen Rituale konstruiert und neue Mythologien erschafft. Ihr Ansatz spiegelt den surrealistischen Wunsch wider, die Welt neu zu verzaubern. Hier wird der vom Klimawandel bedrohte Wald zu mehr als einer bloßen natürlichen Ressource. Es ist ein Ort der Erinnerung, der Sprache, der Geschichte, der Kultur, der Mystik und der Vorstellungskraft. Vielleicht ist Magie keine Tätigkeit, sondern eine ganze Denkweise.