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MAX SCHREIER ist gleichzeitig Individuum und Kollektiv, Psyeudonym und Gruppe, Werk und Gig. Die Frage nach dem Wesen von Max Schreier ist allzu komplex, sie führt mitten hinein in seine Arbeit und ist nicht leicht zu beantworten. Leichter als über die Ontologie nähern wir uns Max Schreier über die Phänomenologie: Was geschieht, was ensteht, was wächst lässt sich beschreiben.

Ein Kern der Arbeit von Max Schreier sind Kunstwerke, die auf dem Grat zwischen Poesie und Alltag balancieren. Bahnen wärmeempfindlichen Faxpapiers werden mit einer Glühbirne bemalt und vermählen die große Geste des Abstrakten Expressionismus mit einer buchstäblich leichten Idee freier künstlerischer Bewegung und Performance (Wand, 2006). Schwarzes Loch (AB/0), (2006) besteht aus einer bedruckten Metallscheibe, die ein extatisches, mit großen Steinen werfendes Kind zeigt. In Derry? Gaza-Stadt? In der Mitte des Wandtellers ist ein kleiner Glücksbringer angebracht, der sich langsam im Uhrzeigersinn dreht. Die Scheibe bewegt sich fast unmerklich durch das Pendel des Uhrwerks getrieben.

Mindestens genauso wichtig wie kunsthistorische oder gesellschaftspolitische Bezüge sind für Max Schreiers Arbeiten die Personen, in deren Umfeld seine Kunst ensteht. So kann eine in lebhafter nächtlicher Debatte bezeichnete Papiertischdecke gleichzeitig als Dokument wie auch als autonome Zeichnung stehen (Würgeengel, 2005). Verschiedene Fußabstreifer aller sozialer Klientel ergeben ein monumentales Bild (1301, 2006), das Bild eines Busses findet seinen Rahmen im Fenster eines Briefumschlages, der aus einer alten Landkarte geschnitten ist (Tätowierung, 2006).

Hier sind überdies die beiden Felder angesprochen, die neben der Produktion von Kunst das Werk von Max Schreier bestimmen: das Reisen und das Sammeln. Max Schreier hat halb Europa bereist und Künstler, ebenso wie Kunstwerke begleitet, die im WHEELY, einer mobilen Ausstellungsplattform oder auch an anderen Orten inner- und außerhalb des Kunstkuchens gezeigt wurden. Solche Gigs stehen gleichberechtigt neben Gruppenausstellungen, wie im November 2005 re_escape in Hamburg, seiner ersten Ausstellungsbeteiligung. Sie funktionieren über die Vermittlungsidee einer Ausstellung hinaus als Archiv und Sammlung der Werke von Freunden und Weggefährten.

Überhaupt sind es die Zusammenarbeiten, die das Wesen von Max Schreier am deutlichsten kennzeichnen: Sie beschränken sich nicht auf die Konstitution des Künstler-Ichs Max Schreier und die Kooperation mit befreundeten und geschätzten Kollegen in verschiedenen Aufführungs- und Ausstellungsformaten. Max Schreier greift weit über den Horizont der sogenannten Szene hinaus und knüpft so ein Netzwerk, das weniger mit Protektionismus zu tun hat, sondern vielmehr mit Empathie.

So verteilte Schreier während der Wheely-Tour 2006 eine Handlungsanweisung an Besucher und Mitwirkende, die, kurz gesagt, um eine schriftliche oder zeichnerische Dokumentation eines Ortes bat, an dem für den Betreffenden “die Welt in Ordnung scheint”. Anhand der so gesammelten mindmaps, Zeichnungen und Texte erstellte Schreier dann unbeschriebene Postkarten die er in Briefen an die Besucher, die auf seine Bitte eingingen und ihre Adresse hinterließen schickte. Andere Handlungsanweisungen laden zum Essen ein und dazu, neben Genuss und freundschaftlichem Umgang auch an “mögliche Unmöglichkeiten” zu erinnern. Die Briefe der Partizipienten und die Antworten Schreiers füllen mittlerweile Ordner. Jeder einzelne Kontakt steht für ein Stück zusammen zurückgelegten Weges.

Diese Handlungsanweisungen machen einen zentralen Ort in Schreiers künstlerischer Arbeit aus. Sie zeigen, dass Max Schreier für eine Form von Kunst steht, die Produktion und Distribution, Idee und Ausführung verschiedener Individuuen zu vereinen sucht. Die angesprochene Empathie ist für ihn Kopf und Herz seiner künstlerischen Arbeit. Wohin der Weg führt, werden wir sehen.

Stephan Strsembski

Pressetext

EINZELAUSSTELLUNGEN 2006 _Heuer, Galerie Lena Brüning (Juni)

GRUPPENAUSSTELLUNGEN 2006 _Viewing Club 07, Berlin _Hochbunker, Braunschweig _Tour (mit Alex Müller, Hanna Brandes, Daniel Müller-Friedrichsen, Andreas Gehlen) im WHEELY Engeldamm 14, Berlin Place du Theatre, Calais Institute of Arts&Design, Brighton Viewing Club 06, London Transmission Gallery, Glasgow Artwalk, Amsterdam Karlin Studios, Prag Blaues Wunder, Dresden Galerie für zeitgenössische Kunst, Leipzig Pellenzstrasse 15, Köln 2005 _Servus, Köln _re-escape, Hamburg

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Max Schreier
HEUER
in Kooperation mit CFM und Daniel Müller-Friedrichsen