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Wenn die Kulturkritik sich mit den Massenmedien auseinandersetzt, wird gerne von einer Bilderflut gesprochen, der die Menschen bereits im Alltag ausgesetzt werden, und die sie zu unfreiwilligen Betrachtern von Bildern macht, die das Eigentliche verbergen – was auch imme dieses Eigentliche sein mag. Nun fließen die Bilder schon seit jeher und seit lange vor der Erfindung der Massenmedien; jedes künstlerische Bild ist immer ein “Mehr” gewesen, das über die Wirklichkeit hinausgeht, diese überformt und verfremdet in ihrer Mitte wiedergibt. Gerade die Malerei ist dafür exemplarisch: Ihre Oberfläche ist nicht nur eine des Scheins, sondern auch eine der ganz materiellen Schichten, die auf einen Träger und immer wieder übereinander aufgetragen werden. Die Malerei ist allerdings nicht nur Addition, sondern zugleich ein Ordnen – ein Ordnen ihrer (begrenzten) Fläche und ein Ordnen der Weisen, auf die wir das Bild und zugleich die Wirklichkeit wahrnehmen.

In Robert Loos' Arbeiten wird die Malerei auf all diesen Ebenen zum Thema: Als ein Ding, das der Dingwelt angehört, ragt sie in unsere Wahrnehmung hinein und legt zugleich die Strukturen offen, nach denen wir unsere Umwelt wahrnehmen. Nicht zufällig stellt Loos den Bezug zur romantischen Malerei her; wie vielleicht keine andere stellt die romantische Bildwelt den Anspruch, das unmittelbare Erleben und die Überforderung des Individuums durch die Maßlosigkeit der auf es einprasselnden Bilderfluten in ein System ästhetischer Ordnung zu bringen. Loos zerlegt diesen Anspruch in seine visuellen und ideellen Bestandteile, in die kompositorischen Strategien und die Effekte, in denen Malerei illusorisch wird oder sich gerade in ihrem materiellen Charakter zeigt. Seine Arbeiten bleiben aber keineswegs auf den sicheren Rahmen des Tafelbilds beschränkte esoterische Übungen: als ehemaliger Sprayer weiß Loos um die Grenzen zwischen den Räumen und Flächen der Kunst und denjenigen des Alltags und der Öffentlichkeit; er hebt diese Grenzen hervor und überwindet sie, indem er Interdependenzen zwischen Bildfläche und Ausstellungsort, Galerie und Stadtbild schafft. Das romantische Landschaftsbild will im Kulturraum des Museums oder Salons ein Fenster auf die Naturerfahrung öffnen; Robert Loos' Tafelbilder hingegen machen aus dem Kulturraum wieder eine “Umwelt” und konfrontieren uns so mit unseren eigenen Strategien im Umgang mit dem mehr oder weniger chaotischen Rauschen unserer Umwelt, dem Übermaß an Information, das ständig in einem Exzess der Bilder auf uns einströmt. Versuchen wir doch im Alltag – und noch viel mehr im Umgang mit Kunst – unablässig dem Wirrwarr der Erscheinungen Herr zu werden, indem wir Gesetzmäßigkeiten, Regeln und Mythologien suchen, die das Rauschen in eine melodische Partitur verwandeln. Das Ergebnis kann aber nur eine simulierte Realität sein, die immer Ausschnitt ist und zwangsläufig am Realen scheitern muss. Dieses Scheitern lacht uns in einer Art heiterem Ikonoklasmus aus Loos' Bildern entgegen und nicht umhin, auch die eigene Umwelt – den so sicher geglaubten Boden der eigenen Denkmuster – anders zu betrachten und wenn wir ganz genau hinhören, vernehmen wir vielleicht sogar das Rauschen des Realen hinter der Oberfläche von Robert Loos' Bildern.

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Robert Loos
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Kuratoren: Martin Heus, Jacob Birken