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Wir freuen uns, Sie zu der Gruppenausstellung „Schein“ einladen zu dürfen. Wie schon im letzten Jahr wird auch in diesem September die Herbstsaison der Galerie Birgit Ostermeier mit einer international ausgerichteten Gruppenausstellung spannender Neuentdeckungen begonnen.

Das zentrale Thema der diesjährigen Gruppenausstellung ist der SCHEIN und mit ihm die Frage nach Realität und Abbildung, die von den Künstlern auf unterschiedlichste Weise thematisiert wird. Der Betrachter wird mit dem verwirrenden und reizvollen Spiel mit Parallelrealitäten und Perspektivverschiebungen konfrontiert, welche auf einerseits kritische, andererseits ironisch-humorvolle Weise herkömmliche Wahrnehmungsstrategien vor Augen führen und erkennen lassen, dass der Schein fast immer trügt.

Alex Dorfsmann „It’s almost real, isn’t it?“ lautet denn auch der Titel des ersten Kataloges des 1977 in Mexico City geborenen Fotokünstlers Alex Dorfsmann. Dieser Titel ist Programm: Dorfsmann arbeitet mit den Medien Fotografie und Video, und richtet seinen Fokus dabei auf den verwirrenden Kontrast zwischen realer Natur und ihrer künstlichen Abbildung im „natürlichen“ Stadtraum. Sein Werk bietet einen analytischen, humorvollen Blick auf Repräsentationen und Abstraktionen von Realität, veranschaulicht anhand von Natur-Abbildungen in wechselnden kulturellen Kontexten. In der Ausstellung präsentiert er neue Arbeiten aus der Reihe „Selección Natural“ Die Bilderstrecke zeigt Aufnahmen von der Entstehung der Erde bis zur Gegenwart. Bildquelle ist auch hier der uns umgebende Stadtraum – wichtige ist nur die „Selección Natural“, die natürliche Auslese der Perspektive auf die Dinge, die spielerisch die Weltgeschichte umschreibt.

Im Juli 2008 präsentierte Dorfsmann seinen gleichnamigen Katalog im renommierten Museo de Arte Carillo Gil in Mexiko City.

Erick Meyenberg „Es war nur die Musik der Worte und der seltsame Zauber des Gedichtes, was mich in Ruhe wiegte.“ Diese Worte beschreiben Rosa Luxemburgs (1871-1919) Wahrnehmung ihrer siebten und letzten Haft zwischen 1916 und 1918. Der Künstler Erick Meyenberg (*1980 in Mexico City), der bis 2007 Rebecca Horn-Schüler an der UdK Berlin war, setzt in der Multimedia-Installation Hidden words (2005-2008) dieses Zitat der Revolutionärin als Grundlage der Werkstruktur ein und schafft eine intime Annäherung an eine der radikalsten politischen Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts. Hidden words entmystifiziert auf diese Weise die politische Person Rosa Luxemburg und bringt dem Betrachter stattdessen eine neue, intime Darstellungsweise, die sich ganz auf das innere Erleben konzentriert und somit eine ungewohnte, andere, umfassendere Realität der Person zeichnet – historische und persönliche Zeit überlagern sich. Das Projekt „Hidden Words“ wird im Oktober 2008 im Rahmen der Eröffnungsausstellung des Museo Universitario de Arte Contemporáneo (MUAC) in Mexico City präsentiert werden.

Jovana Popic Jovana Popic, geboren 1977 in Kroatien und ebenfalls ehemalige Studentin Rebecca Horns an der UdK Berlin, wird die multimediale Installation „Lunik“ (2007) zeigen. Die Arbeit wurde inspiriert durch die erste, von den Russen 1959 zum Mond lancierte Raumsonde Lunik. Jene Sonde, welche unter anderem die Existenz des Sonnenwindes bestätigte, verlor jedoch den Kontakt mit der Kommandozentrale auf der Erde und verschwand, weshalb sie den Namen „Metchta“ (russisch für Traum) erhielt. Die Sonde kehrte also nie aus dem All zurück.

Beim Blick in das dunkle, an die Sonde erinnernde „Teleskop“ von Jovana Popic sieht man Bilder möglicher Weltraumrealitäten, die die Sonde, wäre sie nicht verloren gegangen, hätte aufzeichnen können. Durch die künstlerische Mithilfe beim Festhalten möglicher außerirdischer Realitäten wird das universelle Motiv einer intimen und tragischen Beziehung des Suchenden zu seinem nicht Verwirklichten erzählt.

Markus M. Zimmermann Markus M. Zimmermann (*1978) absolvierte die HSBK Braunschweig und lebt und arbeitet in Berlin. In seinem Werk geht es immer wieder um Rekontextualisierung und Wiederverwertung von dem Untergang geweihten Wegwerfobjekten, mit denen er durch minimale Realitätsverschiebungen neue Parallelrealitäten erschafft. Seine in der Ausstellung präsentierten, schuhkartongroßen Guckkästen sind der Zugang zu einem neuen Raum-Zeit-Fenster. Nimmt man einen zur Hand und platziere die Öffnung vor dem Auge, so nimmt der Einblick uns gleichsam körperlich mit hinein, wir werden an einen neuen Ort gesogen. Der Ort der Betrachtung wird zum Standpunkt, es gibt keine Distanz mehr zwischen dem, was man sieht und dem Ort, an dem man sich befindet – plötzlich ist man woanders. Keine Tür ist zu durchschreiten, keine Treppe führt dorthin. Man ist mittendrin, in der Tiefe des Raumes, allein in einer verschlossenen Welt. Dort in dieser anderen Welt entstehen die Bilder im Auge des Betrachters von allein. Erinnerungen kommen zurück, da diese ruhigen und unbewegten Räume Projektionsräume sind, in denen Raum wahrgenommen, gelebt werden kann. Die Realität löst sich im Schein auf.

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Schein

Künstler: Markus M. Zimmermann, Jovana Popic, Erick Meyenberg, Alex Dorfsmann