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Statement #22 | Elke Auer & Daniel Hafner — Modern People

Performance, 20. Juni 2023, 19 Uhr

Als algorithmisches Improvisieren lässt sich Elke Auers und Daniel Hafners Performance Modern People beschreiben: Eine Form der Improvisation, bei der zwar Körperbewegungen, Blicke, Gesten und die Interaktion mit dem materiellen Umfeld in Echtzeit durchgeführt werden, die aber gleichzeitig von einem von den Künstlerinnen entworfenen Algorithmus – einem System aus Regeln und Anweisungen – bestimmt wird. „Die fortlaufende Bewertung des Prozesses während des Prozesses ist Teil und Trieb desselben“, schreibt der Philosoph Alessandro Bertinetto über die Eigentümlichkeit des Improvisierens im Hinblick auf den Umgang mit unvorhergesehenen Situationen sowie auf das Feld der künstlerischen Forschung: „Improvisatoren sind zugleich ‚Erzeugende‘ und ‚Zeugen‘ dessen, was sie tun.“ Ausgangspunkt für Modern People ist das Aufspüren von Weggeworfenem, Entsorgtem und Verlorengegangem sowie die Begegnung mit den Gegenständen, die all diese Momente des „Abfallens“ charakterisieren. Zeuginnen sind in diesem Fall nicht nur die beiden Improvisatorinnen selbst, sondern auch das Publikum, das die Möglichkeit hat, sich auf einen sinnlich-spielerischen Prozess einzulassen.

Absichtlich oder unabsichtlich hinterlassener Müll am Straßenrand, Bauschutt, Knochen von verendeten Tieren, besonders geformte Steine, Äste oder Samen: Alltägliche Fragmente, Dinge, die von menschlicher, tierischer oder pflanzlicher Existenz berichten, dienen Auer und Hafner als Improvisationsobjekte. Während der Performance entsteht im Kunstraum Lakeside eine Ansammlung an Fundstücken, die live verarbeitet und von den Künstlerinnen genutzt wird, um entlang der Charakteristika und Potenziale der zur Verfügung stehenden Ressourcen über den aktuellen Zustand unserer Welt nachzudenken. Das Spektrum der Interaktion mit den Gegenständen reicht von elementaren Tätigkeiten und Alltagsroutinen bis hin zu experimentellem Lernen, dem Entwickeln von sozialen Strukturen, Sprache oder Tanzbewegungen. „Das Projekt beabsichtigt nicht, bestimmte utopische Modelle vorzuführen“, so die beiden Künstlerinnen über Modern People. „Vielmehr ist es der Versuch, ein Set-up zu schaffen, das viele Lebensbereiche und Zukunftsfragen einschließen kann, in dem man aber mit herkömmlichen Erklärungsansätzen keine Antworten findet.“ Die Handlungen, die Auer und Hafner vor dem Publikum performen, wechseln in unregelmäßigen Abständen. Wenn sie auch keiner nachvollziehbaren Logik folgen, so wirken sie dennoch systematisch. Der Kreislauf aus Aktion und Reaktion hat zum Ziel, Raum zu schaffen, einen Denkraum, in dem angelernte Wertvorstellungen und Verhaltensmuster und die dazugehörigen Normen hinterfragt werden können.

* Alessandro Bertinetto, „Improvisieren“, in: Künstlerische Forschung. Ein Handbuch, Hg. Jens Badura et al., Zürich und Berlin: Diaphanes 2015, 147–150, hier: 148.

Elke Auer ( 1980 in Österreich) lebt und arbeitet in Wien. Daniel Hafner ( 1979 in Österreich) lebt und arbeitet in Wien. www.danielhafner.com