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Ulrike Theusner
Mahagonny

2. September - 21. Oktober 2023

Mahagonny – das ist die von Bertolt Brecht und Kurt Weill erfundene Stadt des zügellosen Hedonismus. Dort kein Geld zu haben, ist ein Verbrechen, das mit dem Tod bestraft wird. Man ist erschrocken, wie sehr jene Welt unserer Gegenwart gleicht.

Ihre schon viele Jahre dauernde Beschäftigung mit Mahagonny hat Ulrike Theusner zum Thema ihrer aktuellen Ausstellung in Leipzig gemacht. Sie hat eine überdimensionierte fiktive Atelierwand konzipiert, an die sie Pastelle und Zeichnungen, Druckgrafik und Fotografien gepinnt hat, alles Erinnerungsfetzen ihres Lebens zwischen Europa und den USA. Die visuelle Überforderung der Betrachtenden, die zunächst entsteht, ist gewollt und spiegelt die Überflutung durch Bilder wider, der wir täglich ausgesetzt sind.

Die Atelierwand ist in drei Bereiche gegliedert, die ineinander übergehen; sie folgen der Mahagonny-Idee von Brecht und Weill: Zunächst das Heute, die Realität, Porträts der jetzigen Generation, ein Selbstporträt der Künstlerin ist auch darunter. Viel bitterböse Ironie, aber auch viel Mitleid. Diese Eindrücke wandeln sich zu Bildern der Stadt Mahagonny als Ort des Whiskeys, der Prostitution, des enthemmten Rausches. Schließlich die Bedrohung durch die Natur, die ihr Recht einfordern könnte, die Furcht vor dem Vulkanausbruch und dem großen Tsunami, der allem ein Ende macht.

Hier wird das bestürzende Bild einer Gesellschaft entworfen, die vor lauter Möglichkeiten nichts mit sich anzufangen weiß und zwischen grausamem Burn-out und tödlicher Langeweile schwankt, die ihre Angst vor dem Selbst und vor dem Tod durch immer neue Sinneseindrücke zu betäuben sucht. Der Knochenmann, Symbol des Todes in den Totentänzen früherer Zeiten, ist immer präsent. Gibt es Rettung?

Ulrike Theusner ist zeichnende Malerin und malende Zeichnerin. Ihre Bilder, auch ihre Druckgrafik - alle sollten mit Ruhe betrachtet werden -, lassen sich immer wieder auf ein Geflecht von Linien zurückführen, von denen jede einzelne eine Bewegung zeigt, eine Unmittelbarkeit zwischen Kopf und Hand. Alle Linien zusammen scheinen weniger etwas darzustellen, als etwas sichtbar zu machen: Eine Aura, böse oder liebe Geister, Nuancen, die wir erst langsam erkennen. Darin liegt das Schöne dieser Kunst, dass sie uns etwas Verborgenes öffnen kann und uns damit die Möglichkeit gibt, zum Kern der Dinge, zu uns selbst zurückzukehren.

Text von Ulf Küster

Ulrike Theusner
(*1982, Frankfurt/Oder) lebt und arbeitet in Weimar. Mahagonny ist ihre erste große Ausstellung in der Galerie EIGEN + ART in Leipzig, u.a. nach der vielbeachteten Einzelpräsentation Grelle Gegenwart in der Kunsthalle Rostock 2021, der Ausstellung All there is in der Berliner Galerie 2020 oder der NEW POSITIONS auf der ART Cologne 2019. Die Künstlerin hat an der Weimarer Bauhaus Universität sowie an der École des Beaux Arts in Nizza (Frankreich) studiert.