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Vernissage: Samstag, 27. August, 11 Uhr

30 Videoarbeiten aus der Sammlung Goetz in München zeigt das Seedamm Kultur­zentrum in der Ausstellung "Realit;-)t" und führt damit direkt ins Herz der Gegenwart. Die Sammlung Goetz ist eine der international renommiertesten privaten Sammlungen der Gegenwartskunst und umfasst neben bereits etablierten Positionen viele Werke einer ganz jungen Künstlergeneration, speziell auch jener, die sich mit aktueller Videokunst auseinandersetzt.

Für die Sammlerin Ingvild Goetz ist das Medium Video wie kein anderes geeignet, unsere Welt mit all ihren Facetten, ihren sozialen, politischen und künstlerischen Problemen darzustellen und zu reflektieren, zudem den Betrachter so zu vereinnah­men, dass mehrere Sinne gleichzeitig beschäftigt sind. Es ist nicht zu übersehen, dass das vielseitige und direkte Medium viele jüngere KünstlerInnen dazu animiert hat, die jeweils aktuellen Riten und das meist durch elektronische Medien geprägte Freizeitverhalten ihrer Generation zu reflektieren. Oft geht es dabei auch um die Suche nach einer eigenen Identität, um das Ausprobieren von Verhaltensmustern und das Provozieren von Reaktionen.

Rineke Dijkstra zum Beispiel beobachtet in ihrer Arbeit "The Buzzclub Liverpool, UK / Mysteryworld, Zaandam, NL" (1996/1997) mit statischer Kameraführung das Verhal­ten junger Menschen an der Schwelle zum Erwachsenenalter. Ihre Aufnahmen ent­standen in Diskotheken, jedoch losgelöst vom Kontext der Tanzfläche und so er­scheinen die vorgeführten Verhaltensweisen – die zaghaft-lasziven Bewegungen der Mädchen, der angestrengte Versuch der Jungen, cool zu wirken – schnell einmal aufgesetzt und unbeholfen. Bei Andrea Bowers Rauminstallation "Democracy's Body – Dance Dance Revolution" (2001), deren Titel sich auf ein beliebtes computerge­steuertes Spiel bezieht, geht es ebenfalls um die Möglichkeit der Selbstdarstellung Jugendlicher im öffentlichen Auftritt, wobei nicht nur das richtige Erfassen einer vor­geschriebenen Schrittfolge entscheidend ist, sondern auch die wechselnden Mo­mente von Gruppenidentität und Individuum. Sam Taylor-Wood inszeniert in ihrer Arbeit "Atlantic" (1997) Verwundbarkeit und Sehnsüchte des Menschen theatralisch, wenn sie den Zuschauer Zeuge des privaten Zwiegesprächs eines jungen Paares in einem Restaurant werden lässt. Der Betrachter wird Teilhaber einer alltäglichen Si­tuation voller Emotionen, die unvermittelt die Schwierigkeiten zwischenmenschlicher Beziehungen visualisiert. Bei Olaf Breunings Arbeit "King" (2000) wird hingegen deutlich, wie sehr unsere Wahrnehmung von Fernsehbildern, Werbung und Compu­terspielen beeinflusst ist. In "King" tritt er selbst als Teil seiner Fantasiewelt auf, mit Perücke, roten Shorts, Sonnenbrille und Goldkette. In der Wüste von Utah entfaltet Breuning eine von Kampf, Krieg, Leben und Tod beherrschte Szenerie, die alte My­then und Popkultur durchmischt. Breuning schafft mit seiner besonderen Art der Darstellung eine Traumwelt, die Fragen nach der Realität aufwirft – was geschieht, wenn wir die Welt nur noch über Bilder vermittelt wahrnehmen?

Mit einem Augenzwinkern verwandeln wir deshalb das 'ä' der Realität im Titel der Ausstellung zum Emoticon der Realit;-)t, denn die in Film, Fernsehen und Video er­weiterte Welt unserer Wahrnehmung erscheint uns manchmal bereits solchermassen real, dass wir geneigt sind, die Realität als Fiktion und die Fiktion als Realität zu betrachten.

Konzept: Andreas Meier in Zusammenarbeit mit Dr. Stephan Urbaschek, Sammlung Goetz

Teilnehmende KünstlerInnen: Doug Aitken, Francis Alÿs, Assume Vivid Astro Focus, Kutlug Ataman, Andrea Bowers, Olaf Breuning, Janet Cardiff/George Bures Miller, David Claerbout, Rineke Dijkstra, Tracey Emin, Peter Fischli/David Weiss, Mona Hatoum, Mathilde ter Heijne, Jonathan Horowitz, William Kentridge, Rachel Khedoori, Mark Leckey, Christian Marclay, Bjørn Melhus, Pipilotti Rist, Anri Sala, Beat Streuli, Sam Taylor-Wood, Rosemarie Trockel, Karen Yasinsky