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MMK 1

A Tale of Two Worlds
Experimentelle Kunst Lateinamerikas der 1940er- bis 80er-Jahre im Dialog mit der Sammlung des MMK
25.11.2017 - 02.04.2018
Eröffnung: Freitag, 24. November, 20 Uhr im MMK 1

Für eine der größten Ausstellungen in der Geschichte des Hauses kooperiert das MMK Museum für Moderne Kunst Frankfurt am Main mit dem Museo de Arte Moderno de Buenos Aires (Moderno) . Die Präsentation „A Tale of Two Worlds: Experimentelle Kunst Lateinamerikas der 1940er- bis 80er-Jahre im Dialog mit der Sammlung des MMK“ ist vom 25. November 2017 bis zum 2. April 2018 im MMK 1 und vom 7. Juli bis zum 14. Oktober 2018 im Moderno zu sehen. Die Ausstellung – gemeinsam kuratiert von Victoria Noorthoorn und Javier Villa, der Direktorin und dem Seniorkurator des Museo de Arte Moderno de Buenos Aires, und MMK-Kurator Klaus Görner – bringt zentrale Arbeiten der MMK Sammlung in einen Dialog mit Schlüsselwerken lateinamerikanischer Kunst. Die Schau umfasst 500 Werke aus privaten und öffentlichen Sammlungen von über 100 Künstlern aus Lateinamerika, den USA und Europa und bespielt in Frankfurt das gesamte MMK 1.
Die Ausstellung widmet sich dem Dialog zweier künstlerischer Strömungen der westlichen Gegenwartskunst von den 1940er- bis 80er-Jahren: dem europäisch-nordamerikanischen Kanon und der experimentellen Kunst Lateinamerikas. Der Fokus des Ausstellungskonzeptes liegt dabei auf dem wechselseitigen Austausch. Konzipiert wurde das Projekt über die letzten eineinhalb Jahre hinweg in enger Zusammenarbeit der Museen aus Buenos Aires und Frankfurt. Noch nie zuvor wurden Kuratoren lateinamerikanischer Kunst dazu eingeladen, die Sammlung eines europäischen Museums in einem solchen Umfang zu hinterfragen und neu zu betrachten. Mit dem Projekt folgt das MMK der Initiative der Kulturstiftung des Bundes, die bedeutende Museen Deutschlands einlädt, ihre Sammlungen in eine globale Perspektive zu rücken.

Bereits seit mehreren Jahren öffnet sich das MMK in seinem Ausstellungsprogramm und seiner Sammlungspolitik außereuropäischen Perspektiven der internationalen Gegenwartskunst und untersucht kritisch die veränderten sozio-politischen Bedingungen, unter denen Kunst in einer globalisierten Welt entsteht. Die Vision des Museums steht im Einklang mit den Intentionen des Programms „Museum Global“ der Kulturstiftung des Bundes. Die miteinander verwobenen Perspektiven zweier Kontinente und Kulturen, die in „A Tale of Two Worlds“ deutlich werden, geben dem MMK die Möglichkeit, die eigene Sammlung in einem völlig neuen Licht zu sehen. Obwohl die ausgestellten Werke unter unterschiedlichsten politischen, wirtschaftlichen und historischen Bedingungen entstanden sind, offenbart die Ausstellung beachtliche Parallelen in den Entwicklungen und Kreuzungspunkten aber auch unterschiedliche Ansätze.
Während die europäischen und nordamerikanischen Arbeiten aus der Sammlung des MMK aus den 1960er- und 70er-Jahren stammen, umfasst die im Museum präsentierte Kunst Lateinamerikas einen längeren Zeitraum: Die ältesten Werke entstanden 1944, in jenem Jahr, in dem Vertreter der Konkreten Kunst in Argentinien erstmals eine Ausstellung organisierten; die jüngsten Werke stammen aus den späten 1980er-Jahren, die das Ende der letzten Militärdiktaturen Lateinamerikas markierten. Mit der Gegenüberstellung zahlreicher Avantgarde-Werke lateinamerikanischer, europäischer und US-amerikanischer Künstler richtet sich der Blick auf den Übergang von moderner zu zeitgenössischer Kunst. In den Fokus rücken dabei vor allem die treibenden Kräfte hinter diesem Wandel, welcher das Ende der Ära der Moderne einläutete. Gegenseitige Sympathien, gemeinsame Interessen und intellektuelle Verbindungen unter Künstlern aus verschiedenen Teilen der Welt werden ebenso beleuchtet wie Herausforderungen und Spannungen, die der kulturelle Austausch zwischen Regionen mit unterschiedlichsten geschichtlichen Hintergründen mit sich bringt.

In den 1940er-Jahren entwickelte sich die Konkrete Kunst zum zentralen Genre der experimentellen Kunstwelt Lateinamerikas. Künstler aus Buenos Aires und Montevideo wollten die Grenzen des rein Repräsentativen und der traditionellen Malerei überschreiten. Ungewöhnliche Bilderrahmen – Vorboten der sogenannten Shaped Canvas –, welche die Werke in einen neuen Zusammenhang mit der Umgebung setzten, und Skulpturen, die sich durch eine besondere Dynamik ausgehend vom Blick des Betrachters auszeichneten, sind Meilensteine im Übergang von moderner zu zeitgenössischer Kunst. Progressives Gedankengut verbreitete sich in zahlreichen Städten des Kontinents und bewirkte in der Kunstwelt einen gewaltigen Umbruch. Dieses avantgardistische Gedankengut bezog sich nicht nur auf die Rolle des Künstlers in der Gesellschaft und das Vermögen der Kunst, diese zu verändern, sondern entsprang den realen gesellschaftlichen Umständen in Zeiten politischer Spannungen und Konflikte. Die Ausstellung eröffnet daher auch eine Debatte über die Antworten der Künstler auf verschiedene sozio-politische Verhältnisse in ihren Heimatländern. Gerade angesichts der turbulenten politischen Vergangenheit Lateinamerikas – mit jahrzehntelangen wirtschaftlichen Krisen, Kolonialismus, Diktaturen, Machtmissbrauch, Zensur und Rassendiskriminierung – sahen sich viele Künstler gezwungen ihre eigene Weltsicht energisch zum Ausdruck zu bringen. An der bewegten Geschichte Lateinamerikas ist auch dessen Kunstwelt gewachsen, die auf eine lange Tradition des Umgangs mit politischen Krisen zurückblicken kann.

Über die Jahre hinweg, insbesondere in den fünf in der Ausstellung behandelten Jahrzehnten, hat sich der wechselseitige Austausch zwischen europäischer und lateinamerikanischer Kunst immer wieder stark verändert. Im frühen 20. Jahrhundert, entwickelte sich die experimentelle Kunst in Lateinamerika zunächst als Antwort auf die europäische Avantgarde. Mit dem Beginn des Zweiten Weltkrieges jedoch endeten die Bildungsreisen nach Europa. Stattdessen konzentrierten sich Künstler nun auf ihre eigene Herkunft und entwarfen Utopien, die auf einem geistigen Austausch zwischen den beiden Regionen, vor allem aber auf Recherchen über die intellektuellen Kreise der jeweiligen Kulturzentren beruhten. Während der 1940er- und 1950er-Jahre reisten einige wenige europäische Künstler nach Lateinamerika. Dort ließen sie sich von neuen experimentellen Ansätzen inspirieren, oder fanden im Süden fruchtbaren Boden für die Neuentdeckung einer Poetik, die in den Schrecken des Krieges verlorengegangen war. In der Nachkriegszeit, als die experimentelle Kunst in den USA und in Europa wieder an Bedeutung zurückgewann und Künstler die Welt bereisten, konnte ein vielfach reicherer und komplexerer Austausch stattfinden. Die Motivationen für diese Reisen waren dabei verschieden. Manche besuchten fremde Länder, um sich intellektuell zu bereichern, andere aus praktischer Notwendigkeit. Zu letzteren gehörten lateinamerikanische Künstler, die vorübergehend nach New York, Paris oder London kamen, um künstlerische Projekte zu verwirklichen oder auszustellen, oder Kritiker aus Nordamerika oder Europa wie Clement Greenberg, Lucy Lippard, Pierre Restany oder Kynaston McShine, die sich im Süden auf die Suche nach den Keimzellen der experimentellen Kunst begaben. Wiederum andere Künstler waren aufgrund der politischen Bedingungen in ihren Heimatländern – der zahlreichen lateinamerikanischen Diktaturen in den 1960er- und 1970er-Jahren – zur Flucht ins Ausland gezwungen.

Die Ausstellung ist als assoziativer Erzählstrang konzipiert, der entlang dreier Hauptachsen durch das gesamte Museum verläuft. In 16 einzelnen Abschnitten wird sowohl chronologisch als auch konzeptuell die Geschichte der Kunst auf verschiedenen Kontinenten erzählt. Dort finden sich Kapitel wie „Der soziale Körper“ oder „Wenn Pop kritisch wird“, in denen das argentinisch-deutsche Kuratoren-Team auf Kolonialismus, Konsumkritik, politische Repression und Militärherrschaft eingeht – gesellschaftliche Umstände, die den sozio-politischen Hintergrund für die Entwicklung einer explizit politischen Kunstpraxis ausmachten. Den Einstieg in die Ausstellung bildet die Kunst Lucio Fontanas, die eine Antwort auf die Konkrete Kunst der Region um den Río de la Plata in den 1940er-Jahren und auf die destruktiven politischen Praktiken Europas und Lateinamerikas in den 1950er-Jahren war. Die erste Ausstellungsachse geht auf die verschiedenen politischen Hintergründe ein, um die Kunstwerke in ihrer sozio-politischen Tiefe begreifbar zu machen. Beispiele dafür sind die neo-konkreten Arbeiten brasilianischer Künstler aus den 1960er-Jahren sowie einige Werke der 1970er-Jahre, die als scharfe Kritik an den zahlreichen Diktaturen in den Ländern der Südhalbkugel zu verstehen sind. Die zweite Achse der Ausstellung befasst sich vor allem mit dem Paradigmenwechsel in der damaligen Kunstwelt – von der materiellen hin zur immateriellen Dimension der Kunst, vom Kunstobjekt hin zum Kunsterlebnis. Ein Phänomen, das in den Werken von Alberto Greco, Yves Klein, Franz Erhard Walter und anderen deutlich hervortritt. Auch sind hier Künstler vertreten, die ihre Erlebnisse in urbanen Umgebungen im Kontrast zum intimen, häuslichen Umfeld verarbeiten. Untersucht wird die Komplexität einer Kunstform, die sich flüchtig mit Konzepten der Pop Art befasst und diese dekonstruiert und sich der Geschichte des Kolonialismus bedient, um aktuelle politische Zustände scharf zu verurteilen. Die dritte Hauptachse rückt die Künstler selbst in den Vordergrund und zeigt, wie sie beispielsweise im Falle von Joseph Beuys, Nicolás García Uriburu und Ana Mendieta ihre Rolle innerhalb der Gesellschaft erkunden und wie bei On Kawara, Arthur Bispo do Rosário oder Edgardo Antonio Vigo auf manische Weise ihre eigenen Aktionen dokumentieren. Sie untersucht die vielfältigen neuen Ausdrucksformen, insbesondere das Verwenden von Schrift als Möglichkeit, sich innerhalb eines breiten politischen Kontextes zu selbigem auszusprechen.

Die Ausstellung endet mit einer eindrucksvollen Analogie zwischen den zwei Welten. Kenneth Kembles „Gran pintura negra“ (1960) aus der Sammlung des Museo de Arte Moderno de Buenos Aires und Roy Lichtensteins „Yellow and Green Brushstrokes“ (1966) aus der Sammlung des MMK demonstrieren hier Seite an Seite die komplexe Aneignung der Maltradition durch konzeptuelle Strategien. Lichtenstein greift mit seinem monumentalen Pinselstrich auf die Bildsprache von Comics mit ihren flächigen Farben und der „Benday Dots“-Drucktechnik zurück. Kemble dagegen verwendete ein Raster, um den einzelnen Pinselstrich seines Bildes zu vergrößern und zu inszenieren. Beide Werke können als Hommage an den malerischen Gestus par excellence gelten und zugleich als bissige Analyse, welche die von ihnen dargestellte Tradition unterläuft.

Künstlerinnen und Künstler der Ausstellung im MMK:
Paul Almásy, Carmelo Arden Quin, Arman, Francis Bacon, Artur Barrio, Lothar Baumgarten, Thomas Bayrle, Juan Andrés Bello, Adolfo Bernal, Joseph Beuys, Arthur Bispo do Rosário, Martín Blaszko, Alighiero Boetti, Oscar Bony, Marcel Broodthaers, Teresa Burga, Kenneth C. Noland, Luis Camnitzer, Rafael Canogar, Antonio Caro, Ricardo Carreira, Ulises Carrión, John Chamberlain, Lygia Clark, Geraldo de Barros, Lenora de Barros, Augusto de Campos, Flávio de Carvalho, Willys de Castro, Walter de Maria, Juan del Prete, Juan Downey, Marcel Duchamp, Escuela de Valparaíso, León Ferrari, Lucio Fontana, Nicolás García Uriburu, Gego, Eduardo Gil, Hermann Goepfert, Mathias Goeritz, Beatriz González, Karl Otto Götz, Alberto Greco, Otto Greis, Victor Grippo, Alberto Heredia, Jasper Johns, On Kawara, Kenneth Kemble, Yves Klein, Gyula Kosice, Heinz Kreutz, David Lamelas, Barry Le Va, Roy Lichtenstein, Raúl Lozza, Anna Maria Maiolino, Tomás Maldonado, Leopoldo Maler, Piero Manzoni, Liliana Maresca, Cildo Meireles, Juan N. Melé, Ana Mendieta, Manolo Millares, Marta Minujín, Franz Mon, Bruce Nauman, Luis Felipe Noé, Hélio Oiticica, Claes Oldenburg, Margarita Paksa, Blinky Palermo, Lygia Pape, Luis Pazos, Liliana Porter, Charlotte Posenenske, Alejandro Puente, Timm Rautert, Gerhard Richter, Albert Georg Riethausen, Peter Roehr, Lotty Rosenfeld, Rhod Rothfuss, Jesús Ruiz Durand, Ed Ruscha, Fred Sandback, Rubén Santantonín, Mira Schendel, Grete Stern, Pablo Suárez, Abisag Tüllmann, Cy Twombly, Ben Vautier, Edgardo Antonio Vigo, Franz Erhard Walther, Andy Warhol, Hildegard Weber, Yente.